Landolf Scherzer: Madame Zhou

Wartende Wanderarbeiter
Wartende Wanderarbeiter

Ihr Büro, ein winziges Zimmer in einem Schuppen, hat Frau Zhou wohnlich eingerichtet. Neben einem goldgerahmten Porträt von Mao hängt die Schwarz-Weiß-Fotografie eines alten Ehepaares, das sehr ernst in gerader Haltung vor einer kleinen Kiefer steht.

»Meine Eltern waren groß und kräftig, nur ich blieb klein und zierlich. Vielleicht weil sie mir den Namen Hua gegeben haben.« Hua könnte man mit kleine, blühende Blume übersetzen. Sie lacht. »Heute schon eine verwelkte Blume.«

Ich frage Madame Hua Zhou nach dem Unglück, bei dem sie die rechte Hand verloren hat.

»Es war 1970, ich war 13 Jahre alt, zwar klein, aber sehr stark, und arbeitete nach der Schule im Felsgebirge, wo wir Steine für den Bau der Häuser gebrochen haben. Das Lernen fiel mir leicht, denn abends erzählte mir mein Ba-Ba, was andere Schüler mühsam nachlesen mussten. Er war der Lehrer in unserer Schule.«

Madame Zhou fragt, ob ich wüsste, was in den Jahren 1966 bi...


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