Sehr nah am Abgrund - in uns

Wettbewerb: »Gnade« von Matthias Glasner

  • Gunnar Decker
  • Lesedauer: ca. 4.0 Min.
Jürgen Vogel, Birgit Minichmayr: Kammerspiel für zwei Personen und ein Gewissen
Jürgen Vogel, Birgit Minichmayr: Kammerspiel für zwei Personen und ein Gewissen

Dieser Regisseur kultiviert den Außenseiterblick. Mit »Der freie Wille«, seinem Wettbewerbsbeitrag 2004, zeichnete Matthias Glasner das Porträt eines pathologischen Vergewaltigers. Jürgen Vogel spielte ihn, und wie er es tat, das provozierte.

Es ist leicht, etwas zu verurteilen, das einem ohnehin fern liegt. Wenn es uns jedoch näher und näher rückt (und Vogel gelang dies in seinem Spiel), dann wird es ungemütlich, man will die innere Anteilnahme wieder aufkündigen. Oder ist man dafür schon zu weit mitgegangen? Man erschrak als Zuschauer plötzlich über sich selbst, litt mit diesem Menschen - und war dann plötzlich wieder abgestoßen (wie er selbst auch von sich). Woher kam die Gewalt, mit der er seinen Selbsthass gegen Frauen wendete?

Glasner zeigte uns den Vergewaltiger in uns selbst - und das war einigen zu viel an Abgrund. Konnte man es in »Der freie Wille« noch ablehnen, die Rolle auf sich zu beziehen und diesen Außenseiter...


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