Mehr als ein Sprachenstreit in Lettland
Offiziell geht es ums Russische, eigentlich um Moral
Lettlands Wahlberechtigte entscheiden am heutigen Sonnabend, ob Russisch neben dem Lettischen zur zweiten Staatssprache erklärt werden soll. Die Initiatoren betrachten ihre Forderung als Protest gegen das Verhalten des Staates zu den russischsprachigen Bewohnern. Die meisten Letten nehmen die Idee dagegen als Bedrohung der lettischen Staatlichkeit wahr.
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Referendum mit einem Ergebnis zu Gunsten der Zweisprachigkeit endet, geht gegen Null. Es müsste nämlich die Hälfte der Wahlberechtigten für den Vorschlag stimmen, also rund 700 000 Bürger. So viele russischsprachige Staatsbürger gibt es in Lettland aber nicht.
Ist das Ganze also eine abwegige, nicht weiter beachtenswerte Idee, weil sie ohnehin zum Scheitern verurteilt ist? So dachte man vor einem Jahr in Lettland, als die Organisation »Muttersprache« in Riga eine erste kleine Aktion unternahm: Ein paar Dutzend Menschen versammelten sich damals im Zentrum der Hauptstadt an einem Notariat, um eine Initiative für das Russische als zweite Amtssprache zu unterschreiben. Die Aktion wurde kaum zur Kenntnis genommen. Ein Internetportal veröffentlichte das Foto des Organisators Vladimirs Lindermans sogar unter der Rubrik »Unterhaltung«. Kaum jemand glaubte damals, dass sich die Dinge binnen Jahresfrist so en...
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