»Ich fühle mich schuldig«

Zwei junge Männer nach einer tödlichen Hetzjagd angeklagt

  • Lesedauer: 3 Min.
Peter Kirschey aus Berliner Gerichtssälen
Peter Kirschey aus Berliner Gerichtssälen

Gewalt im öffentlichen Nahverkehr gehört zum Berliner Alltag. Fast täglich wird zu nächtlicher Stunde irgendwo geprügelt oder getreten. Insofern ist der Fall, so erschreckend es ist, ein »normaler«. Doch er endete tödlich für den 23-jährigen Guiseppe.

Es geschah am 17. September gegen 4.35 Uhr. Der 21-jährige Ali Eren und der 22-jährige Baris haben zusammen mit Freunden - wie so oft - die Nacht über irgendwo rumgehangen und sich mit Wodka abgefüllt. Zwei Flaschen wurden im Laufe der Nacht geleert. Jetzt warteten sie auf dem U-Bahnhof Kaiserdamm auf zwei Saufkumpel. Als Guiseppe und sein Freund an den Benebelten vorbeiziehen, beginnt die »übliche« Pöbelei. Ali Eren will Zigaretten schnorren, Guiseppe lehnt ab, schon fliegen die Fäuste brutal ins Gesicht. Doch Guiseppe, mehrfach getroffen, will sich nicht schlagen, er will nur weg. Als er von den Angreifern verfolgt wird, flieht er. Ali Eran jagt hinterher. Auf dem Kaiserdamm rennt der Flüchtende in Panik auf die Fahrbahn, wird von einem Auto erfasst und gegen einen Laternenmast geschleudert. Der Junge stirbt noch am Unfallort. Am nächsten Tag stellen sich die Gewalttäter der Polizei, Ali Eren sitzt seit dem 18. September in Untersuchungshaft, angeklagt ist er nun wegen Körperverletzung mit Todesfolge, sein Saufkumpel Baris wegen Körperverletzung.

Der erste Prozesstag begann mit einem erstaunlichen Geständnis des Angeklagten Ali Eren. Obwohl seine Verteidiger ihm gesagt hätten, dass ihm das Gericht eine Verantwortung nur schwer nachweisen könne, habe er sich zu einem Geständnis entschlossen. Ja, er habe Schuld auf sich geladen, lässt er in einer Erklärung über die Verteidiger mitteilen. Er werde die Bilder vom schrecklichen Geschehen nicht mehr los. Er sah nicht, wie Guiseppe gegen das Auto prallte, wohl aber, wie er dann gegen den Laternenmast flog. Danach sei er in Panik geraten. Bei seiner Flucht habe er immer noch gehofft, das Opfer werde wieder aufstehen und alles sei überstanden. Doch Stunden später las er die Meldung, dass Guiseppe tot sei, gestorben nach einer Hetzjagd. Da er bei der Polizei als Gewalttäter bekannt ist, wusste er, dass man ihm schnell auf die Spur kommen würde. Er stellt sich.

Als er bei der Polizei seine Aussagen machte, stritt er zunächst ab, bis zur Straße gefolgt zu sein, vor Gericht aber wolle er die Wahrheit sagen. »Ich fühle mich schuldig. Ich werde mich der Verantwortung stellen.« Er wollte sich auch mit den Angehörigen des Opfers in Verbindung setzen, doch bisher habe er Angst gehabt, einen Brief aus dem Gefängnis zu schreiben.

Baris, der zweite Angeklagte, war derjenige, der als erster zuschlug, an der Verfolgung des Opfers nahm er nicht teil. Von Ali Eren erfuhr er später, dass oben auf der Straße ein »schrecklicher Unfall« geschehen war. Auch er zeigte sich selbst an.

Ob das Gericht die Verfolgung des Opfers als direkte Ursache für den Unfall anerkennt, wird die Beweisaufnahme ergeben müssen. Egal wie das Urteil ausfällt. Alle gewaltbereiten Jugendlichen sollten sich eines ins Gehirn einbrennen lassen: Jede Prügelattacke kann mit dem Schlimmsten enden, was als »harmlose« Pöbelei beginnt, kann jederzeit außer Kon-trolle geraten. Das Urteil wird wahrscheinlich Mitte März gesprochen.

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