Fiasko vertagt

Kulturausschuss in Pankow kam zu keiner Entscheidung über Kürzungen

  • Anouk Meyer
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Protest gegen den drohenden Kulturkahlschlag in Pankow geht weiter: Zur Kulturausschusssitzung am Dienstagabend waren wieder etliche Kunstschaffende und Bürger erschienen, um Flagge zu zeigen gegen die angekündigten Kürzungen im Kulturetat des Haushaltsplans 2012/2013. Auf ein klares Ergebnis jedoch hofften sie vergebens. Nach dreistündiger Sitzung gingen die Politiker auseinander, ohne sich über den Haushaltsentwurf zu einigen.

»Das ist sehr ungewöhnlich«, ärgerte sich der Bezirksverordnete Matthias Zarbock von den LINKEN. Normalerweise gibt der Kulturausschuss, nachdem er sich die einzelnen Punkte des Haushaltsplans hat vorstellen lassen, entweder eine positive Empfehlung an die BVV ab oder rät ab. So geschehen vor zwei Jahren, als auch schon etliche kulturelle Einrichtungen stark beschnitten werden sollten. »Damals wurde die Empfehlung der BVV mit Abscheu zurückgewiesen«, erinnert sich Zarbock, kulturpolitischer Sprecher und seit 2006 Geschäftsführer der Linksfraktion in der BVV Pankow. Er hatte gehofft, dass der Kulturausschuss auch diesmal den Haushaltsplan zurückweist.

Wie berichtet, muss der Bezirk auf Vorgabe des Landes Berlin fünf Millionen Euro sparen. Die Kürzungen würden dazu führen, dass etliche kommunale Einrichtungen schließen müssten, darunter das komplette Kulturareal Ernst-Thälmann-Park, zwei ehrenamtlich betriebene Bibliotheken, die Galerie Pankow und das Museum in der Heynstraße. In einer Stellungnahme, welche die LINKE während der Kulturausschusssitzung verteilen ließ, wird die Rücknahme der Kürzungen empfohlen; die Ausgaben wären dann wieder die gleichen wie im Doppelhaushalt 2010/11.

Dass »erheblicher Schaden« bei relativ geringem Einsparpotenzial entsteht, gibt auch Kulturstadtrat Torsten Kühne (CDU) zu, der die Streichliste erstellt hat. Die Kürzung der Projektmittel beispielsweise hat zur Folge, dass auch Mittel aus Bundes-, Landes- und EU-Töpfen nicht mehr fließen; bei den Bibliotheken können keine neuen Medien angeschafft werden, die Kurt-Tucholsky-Bibliothek, die ehrenamtlich geführt wird, müsste gar ganz dichtmachen - »ein völlig falsches Signal«, wie Klaus Lemmnitz vom Verein Pro Kiez Bötzowviertel empört einwarf. Und auch die Einrichtungen im Ernst-Thälmann-Park, etwa das Theater unterm Dach und die WABE, könnten ihren Betrieb ohne Veranstaltungsmittel nicht aufrechterhalten. Momentan laufen die Veranstaltungen dort über einen Notbetrieb. Ebenso schade wäre es um das Museum in der Heynstraße, das jahrelang umgebaut wurde, nur damit ihm jetzt die Ausstellungsgelder gestrichen werden.

Jens Becker, Sprecher vom Aktionsbündnis Berliner Künstler, das Tag für Tag mehr Unterschriften für eine Petition sammelt, würde den Haushaltsentwurf strikt ablehnen. Auch die LINKEN sind dagegen: »Hier sind unter falschen Voraussetzungen falsche Vorgaben getroffen worden«, so Matthias Zarbock. Seine Partei will die Rechte der Kommunen stärken und tritt für mehr Mitbestimmung ein.

Schon 2009 hatte der damalige Kulturstadtrat Michail Nelken (LINKE) geplante Kürzungen im Kulturetat zum Teil geblockt. Dass er sich strikt weigerte, die Vorgaben umzusetzen, brachte ihm zwar viel Missbilligung von anderen Fraktionen ein, doch am Ende hatte er Erfolg: Statt 1,4 Millionen musste er nur knapp 500 000 Euro sparen. Auch jetzt, so Nelken gegenüber »nd«, ginge es nicht ums Sparen - SPD und Grüne wollen seiner Meinung nach »die Kultur in Pankow abwickeln«. Denn der Kulturetat mache gerade mal zwei Prozent des Bezirkshaushaltes aus, da sei die angepeilte Sparsumme von einer Million Euro völlig übertrieben. »Kultur ist Grundlebensmittel«, meint auch seine Fraktionskollegin Helga Adler.

Kulturstadtrat Kühne wiederum hofft, Immobilien verkaufen oder vermieten zu können und spart in seinen Überlegungen weder die Verwaltung in der Fröbelstraße aus noch die Musikschule Buch oder den Museumsstandort Heynstraße. Für das Areal Ernst-Thälmann-Park müsse man über andere Trägerschaften nachdenken. »Ich investiere lieber in Menschen und Kreativität als in Gebäude«, so Kühne. Doch Michael van der Meer von den LINKEN hält den Verkauf der Immobilien für unklug: »Da fallen langfristig höhere Mietkosten an, während Zuschüsse vom Land weg brechen.«

Den endgültigen Beschluss über den Haushaltsplan fällt die BVV Pankow Mitte März - hoffentlich weiterhin wachsam begleitet vom Bürgerprotest

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