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Wurst mit Gesicht
Das Fleisch mit Foto von Biobauer Bernd Schulz aus Gömnigk kann im Internet bestellt werden
Von der Internetseite »Meine kleine Farm.org/Schweine« blicken dem Besucher muntere Ferkel entgegen. Schwein 2 hat helles Fell mit schwarzen Flecken und fühlt sich sichtlich wohl, während es mit seinen Artgenossen durch den Schlamm stapft oder abends neben ihnen liegt. Darunter sind Fotos von Knoblauchmett, Leberwurst im Glas und Sülze gestellt. Neben einem Bild steht »Schlackwurst ähnelt Salami in Konsistenz und Geschmack - lecker!« Das Stück von 500 bis 600 Gramm kostet 15 Euro plus Porto. Ein Mausklick, und die Wurst ist bestellt.
»Wer ein Schwein essen will, der muss auch bereit sein, es zu töten«, sagt Biobauer Bernd Schulz aus Gömnigk (Potsdam-Mittelmark). Der Diplom-Agraringenieur liefert die Schweine für den Online-Verkauf. »Man sieht, es hat glücklich gelebt«, meint er mit Blick auf ein Ferkelfoto. »Wir erfinden das Rad nicht neu«, sagt der Mittfünfziger, aber es seien Unterschiede zu sehen und zu schmecken zwischen seiner und der Supermarktwurst.
Zu DDR-Zeiten war Schulz Zuchtleiter einer ZGE (Zwischengenossenschaftlichen Einrichtung) mit mehreren Tausend Sauen. Nach der Wende ging er ein halbes Jahr nach England und war später nach eigenen Angaben größter Ökoferkelproduzent Deutschlands. 5000 Ferkel, das sei nicht lange gut gegangen. Das Futter sei nicht so gut gewesen damals, der Bestand habe reduziert werden müssen. Es folgten sehr harte Zeiten. Schließlich weilte Schulz mehrere Wochen am Baikalsee, wo sein Vater früher einmal Kriegsgefangener war. »Der Baikal ist Balsam für die Seele, hat er gesagt«, erinnert sich der Sohn. Das stimme.
»Man muss sich der Tatsache stellen, dass wir von Jägern und Sammlern abstammen«, meint Schulz. »Aber man muss auch Respekt und Ehrfurcht vor den Tieren haben und sich überlegen, die sterben jetzt für uns.« Der Biobauer kennt Schlachtungen von Kind an und möchte Menschen aus der Stadt die Zusammenhänge zeigen.
Derzeit hat Schulz 80 Zuchtsauen, die pro Jahr zusammen 1600 Ferkel werfen. 40 Tage werden die Ferkel von der Mutter gesäugt, dann kommen sie noch etwa 50 Tage in die Aufzuchtshütte und viele anschließend fünf bis sechs Monate zum Biomäster. »Ein Teil bleibt hier in Freilandhaltung«, berichtet Schulz. Sein Hof ist einer von über 700 Biopark-Betrieben, zu deren Richtlinien Auslauf und betriebseigenes Futter gehören.
Eines Tages kommt der Berliner Student Dennis Buchman auf ihn zu. Buchman gründete »Meine kleinen Farm« und erklärt: »Ich habe mir überlegt, dass der Mensch den Bezug zu seiner Nahrung verloren hat. So eine Wurst isst man so wie eine Mohrrübe, da denkt man nicht großartig drüber nach.« Der Verkauf über »Meine kleine Farm« soll zu einer neuen Wertschätzung führen.
Insbesondere unter Vegetariern ist die Idee, dem Fleisch ein Gesicht zu geben, allerdings umstritten. »Hier können aber Täter und Opfer eindeutig zugeordnet werden«, schreibt ein gewisser Tim im Internet. »Jede/r kann auswählen, welches Leben ausgelöscht werden soll.« Bauer Schulz hofft indes, »dass Leute hierher kommen und die Schweine nicht nur im Internet betrachten.«
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