Alle Kofferbänder stehen still ...
Ver.di plant Warnstreiks an Flughäfen / Unternehmen: »Forderungen nicht erfüllbar«
Ab jetzt kann alles sehr schnell gehen: In den nächsten Tagen sind Warnstreiks an den Flughäfen Tegel und Schönefeld möglich. Eine Einschränkung des Flugverkehrs ist sehr wahrscheinlich, auch stünden die Kofferbänder still.
Die Gewerkschaft ver.di will mit diesen Maßnahmen Druck auf das Dienstleistungsunternehmen GlobeGround Berlin (GGB) aufbauen. Die Tarifverhandlungen stagnieren. Nach sechs Verhandlungsrunden und monatelangen Gesprächen hatte das Unternehmen letzte Woche ein neues Angebot vorgelegt. Die Gewerkschaft entschied am Montag, das sei »keine Verhandlungsbasis« für die weitere Zusammenarbeit. Die von ver.di geforderte Lohnerhöhung um vier Prozent ist darin nicht enthalten, selbst eine faktische »Nullrunde« wird abgelehnt.
Dafür sieht das Angebot jedoch deutliche Verschlechterungen für viele Arbeitnehmer vor. So sollen Ausgleichstage, etwa für Sonntagsarbeit, entfallen, das »13. Gehalt« nur unter Vorbehalt gezahlt und »Splitdienste« eingeführt werden. Bei diesen muss der Beschäftigte in zwei zeitlich ausein-anderklaffenden Schichten arbeiten. Weitere Neuerungen sind die »Rufbereitschaft« der Arbeiter sowie die von Vorgesetzten nicht angekündigte »Ad hoc-Pause«. Der größte Teil der 1500 Beschäftigten in der Passagier- und Gepäckabfertigung wäre in einer neuen Einkommensgruppe von Aufstiegsmöglichkeiten und Inflationsausgleich abgeschnitten. Die Einkommenszuwächse beträfen nur ungefähr zehn Prozent der Beschäftigten, kritisiert ver.di. »Es wird wahrscheinlich zu Arbeitskampfmaßnahmen kommen, zunächst zu kurzen Warnstreiks«, sagt Jens Gröger, Verhandlungsführer von ver.di. Sie würden sehr kurzfristig bekannt gegeben, um Gegenmaßnahmen von GGB zu unterbinden. Bei vergangenen Streiks seien über Wochen Streikbrecher in Hotels eingemietet worden, so Gröger.
GGB verweist darauf, dass die Forderungen angesichts der wirtschaftlichen Lage unrealistisch seien. Ziel müsse sein, die »Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig zu sichern«. Zu diesem Konzept gebe es »in den Grundsätzen keine Alternative«. Ver.di sei zu sehr auf Vergütungsfragen fixiert und mache deren Ergebnisse zu Vorbedingungen für weitere Gespräche. Laut Gewerkschaft räumen die Arbeitgeber jedoch die Schwierigkeit ein, neue Arbeitnehmer zu finden. Ver.di führt diese auf die schlechten Arbeitsbedingungen zurück.
Zwar wäre die Bevölkerung von den Auswirkungen eines Streiks betroffen. Das Unternehmen werde jedoch schnell einlenken, ist sich Gröger sicher. Mit dem aktuellen Angebot nähmen manche Beschäftigte über 19 Prozent Kürzung hin, so Gröger. »Wenn der Lohn der Beschäftigten zum Teil das Existenzminimum erreicht, hört die Freundschaft auf!«, meint er. Man sei daher zum Streik gezwungen.
Nach der Privatisierung der Bodendienstleistungen an Berliner Flughäfen im Jahr 2008 beschäftigt GGB 80 Prozent der Arbeitnehmer auf diesem Gebiet. Bei einem eintägigen Streik vor zwei Jahren startete nur jede dritte Maschine. Laut einem Flughafensprecher entfielen 56 Flüge.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.