»Jakob der Lügner« zu Gast im Babylon
Schauspieler Henry Hübchen zum Oscar-nominierten DEFA-Film
nd: Herr Hübchen, in der Reihe »Happy Birthday, Babelsberg!« läuft unter anderem »Sonnenallee«. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf diese Komödie zurück?
Hübchen: Es ist eine schöne Arbeit, die mir viel Spaß beim Drehen gemacht hat. Ich habe bewundert, wie couragiert Leander Haußmann seinen ersten Film angegangen ist. Angstlos ist er bei seinem Regiedebüt mit dem riesigen Budget umgegangen. Er hat zugelassen, dass wir Schauspieler endlos improvisiert haben. Umso größer ist die Freude, dass alles so gut ausgegangen ist.
Kürzlich haben Sie die Paula bekommen, den Preis »um Verdienste für den deutschen Film« erhalten, der seinen Namen von der »Legende von Paul und Paula« hat. Wann haben Sie diesen Film das erste Mal gesehen?
Daran kann ich mich nicht genau entsinnen. Als Jugendlicher hat mich der DEFA-Film nicht sonderlich interessiert. Meine Freunde und ich haben eher ins Ausland geschielt, wir hörten die Musik aus dem Westen, wir bevorzugten die Filme aus Frankreich und Hollywood, nur die Filme aus Polen oder der Tschechoslowakei konnten da in unseren Augen mithalten. Erst nach Beginn meines Schauspielstudiums habe ich die ersten DEFA-Filme bewusst gesehen. Es waren ja nicht viele Filme, die in diesem kleinen Land jährlich gedreht wurden, es waren aber immer einige bemerkenswerte Filme von starken, innovativen Regisseuren dabei, die mich beeindruckt haben und die ihren Wert behalten werden. Leider begegne ich im Westen so vielen Ahnungslosen, und meine größte Leistung ist vielleicht, dass ich Hunderte Exemplare des »Lexikon des DEFA-Films« verschenkt habe.
»Jakob, der Lügner« brachte der der DEFA die erste Oscar-Nominierung. Wären Sie gerne mit nach Hollywood gefahren?
Ich war damals noch ein junger Spund, der überhaupt froh war, dass er nach drei Jahren am Theater in Magdeburg eine kleine Rolle ergattert hatte. Es war etwas Besonderes, wenn man einen Film drehen konnte. Und nicht irgendeinen Film, sondern unter Frank Beyer nach einem Buch von Jurek Becker. Zur Berlinale und zur Oscar-Verleihung sind selbstverständlich Frank Beyer und die beiden Super-Schauspieler Erwin Geschonneck und Wladimir Brodski gefahren, nicht mal Armin Mueller-Stahl war dabei. Und Henry Hübchen hat sich gefreut, welchen Erfolg dieser Film hat.
Welche Ihrer Rollen aus vier Jahrzehnten ist Ihnen besonders ans Herz gewachsen?
»Jakob, der Lügner«. Im Nachhinein gefällt mir besser, was ich damals gespielt habe, was mir übrigens mit vielen Rollen so geht. Ich staune und erkenne mich zum Teil selbst nicht wieder - ich war damals am Set so unsicher und habe meinen eigenen Fähigkeiten nicht vertraut. Diese Skepsis hat sich bis heute nicht gelegt.
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