Afghanistans »kumulative« Proteste

Die Enttäuschung über das Versagen des Westens bringt die USA und ihre Verbündeten ins Dilemma

  • Thomas Ruttig
  • Lesedauer: ca. 5.0 Min.

Die Vereinten Nationen haben nach der Koranverbrennung durch US-Soldaten in Afghanistan Disziplinarverfahren gegen die Verantwortlichen gefordert. Selbst wenn es dazu kommen sollte, die Koranverbrennung ist aus Sicht vieler Afghanen nur der Tropfen, der das Fass des Unmuts über den Westen zum Überlaufen gebracht hat.

Es waren wohl die größten Proteste, die Afghanistan seit dem Sturz der Taliban erlebt hat. Sechstägige Demonstrationen in etwa der Hälfte der 34 Provinzen Afghanistans. Blockierte Straßen. Versuche, ISAF-Stützpunkte und UN-Büros zu überrennen. Dschihad-Aufrufe selbst im afghanischen Parlament. Mehr als 25 Todesopfer: Demonstranten, afghanische Polizisten, US-amerikanische Berater. Darauf folgte der Abzug aller britischen, französischen, deutschen und US-Berater aus den Kabuler Ministerien. »Zeitweise«, heißt es - aber auch das ist präzedenzlos.

Andererseits: Die meisten Proteste blieben friedlich. Meist gingen nur ein paar hundert Menschen auf die Straße. Auch nach dem Freitagsgebet am 24. Februar, dem folgenreichsten Tag der Proteste, kehrten die meisten Gläubigen ruhig nach Hause zurück. Wohl nicht jeder der zornig war, wollte den Aufrufen der Scharfmacher folgen, die oftmals selbst »Blut an den Händen« haben, wie man in Afghanist...


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