Wulff soll auch Büro bekommen
Debatte um Ehrensold hält an / Kritik an »einvernehmlicher« Durchsuchung
Sein Rücktritt war noch lange nicht der Schlusspunkt, Christian Wulff schafft es einfach nicht aus den Schlagzeilen. Zum einen ist da die anhaltende Debatte um die (moralische) Rechtmäßigkeit des Ehrensolds für Wulff, der für seinen Kurzzeiteinsatz im Schloss Bellevue jährlich 199 000 Euro erhalten soll. Auch wegen der schwammigen Formulierung der Regelung wird der Ruf nach einer Reform des Ehrensolds lauter. Die Vorschläge reichen von einem abgesenkten Betrag bis zu einem späteren Auszahlungszeitpunkt.
Aber auch Stimmen, die nicht am Ehrensold für Wulff rütteln wollen waren erneut zu vernehmen. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte der »Rhein-Zeitung«: »Natürlich ist es für Bürger, die ihre Arbeitsstelle verloren haben, schwer, diese Regelung zu akzeptieren - trotzdem sollte man diese Debatte nicht zu lange führen.«
Ab Wulffs 60. Lebensjahr trägt das Land Niedersachsen dann 60 000 Euro, die er als Pensionsanspruch in seiner Zeit als Ministerpräsident und Landtagsabgeordneter erworben hat. Die Summe wird dem Ehrensold verrechnet.
Neben dem üppigen Ehrensold stehen Ex-Bundespräsidenten noch weitere Annehmlichkeiten zu - auf die auch Wulff nicht verzichten möchte. Laut »Spiegel« will das Präsidialamt ein Büro mit Mitarbeitern für ihn beantragen. Wulff wünsche die gleiche Behandlung wie die vier anderen noch lebenden ehemaligen Staatsoberhäupter. Die Kosten für den Stab sollen sich auf etwa 280 000 Euro pro Jahr belaufen.
Ex-Bundespräsident Horst Köhler hingegen verzichtet nach Informationen der »Bild am Sonntag« auf den Ehrensold. Köhler wolle so offenbar Doppelbezüge vermeiden, weil er als ehemaliger Chef des Internationalen Währungsfonds IWF und Ex-Präsident des Sparkassenverbands Pensionsansprüche erworben habe, die den Ehrensold übersteigen könnten.
Die Staatsanwaltschaft Hannover interessiert sich indessen weiter für Wulff. Bereits am Freitagabend war sein Privathaus in Großburgwedel durchsucht worden. Dabei habe man vor allem Handy- und Computerdateien gesichert, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die fast vierstündige Aktion am Freitagabend sei »auf freiwilliger Basis« verlaufen, es habe keinen Durchsuchungsbeschluss gegeben.
Kritik an dieser Vorgehensweise kommt von Wolfgang Neskovic, Justiziar der Linksfraktion im Bundestag. »Nach dem Gesetz dient eine Durchsuchung beim Verdächtigen in erster Linie der Auffindung von Beweismitteln. Dabei ist das Überraschungsmoment eine entscheidende Vorrausetzung für den Erfolg der Maßnahme.« Eine »einvernehmliche Hausdurchsuchung« mache ermittlungstechnisch wenig Sinn und laufe »auf eine reine Showveranstaltung hinaus«, so Neskovic.
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