Triumph des Ayatollahs

Bei Parlamentswahl in Iran muss Präsident Ahmadinedschad Federn lassen

  • Jan Keetman, Istanbul
  • Lesedauer: 2 Min.
Bei der Parlamentswahl in Iran stehen die Gegner von Präsident Mahmud Ahmadinedschad vor einem überwältigenden Sieg. Das stramm konservative Bündnis um Parlamentspräsident Ali Laridschani liegt mit 120 Mandaten deutlich vorne, während das ebenfalls konservative Präsidentenlager bisher erst 30 von 290 Sitzen einheimsen konnte.

Nach außen gibt es aus Sicht der iranischen Regierung einen klaren Sieger: die iranische Nation. Die Wahlbeteiligung von 64 Prozent bei den Parlamentswahlen vom Freitag kommentierte der Innenminister Mostafa Mohammed Nadschdschar mit den Worten: »Die große iranische Nation hat die Feinde ins Gesicht geschlagen.« Die als Bestätigung für das Regime gewertete Wahlbeteiligung ließ sich jedoch nicht überprüfen, da die wenigen ausländischen Journalisten im Lande nur von einigen ausgewählten Wahllokalen berichten durften. Mit dem amtlichen Ergebnis wird für Montag gerechnet.

Nach innen gibt es auch einen klaren Sieger, doch der ist nicht die Regierung. Im Gegenteil: Die Wahlen sind ein harter Schlag für den Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und sein Kabinett. Nach inoffiziellen Ergebnissen schafften es zunächst nur 13 Unterstützer Ahmadinedschads in das 290 Sitze zählende iranische Parlament. Dagegen habe das konservative Bündnis um Parlamentspräsident Ali Laridschani bereits 120 Mandate gewonnen. Reformer und Unabhängige kommen bislang auf 13 Sitze.

Die Prinzipientreuen um Laridschani unterstützen den religiösen Führer Ayatollah Ali Chamenei. Sie werfen Ahmadinedschad vor, er fahre einen nationalistischen Kurs und wolle die Macht des Klerus beschneiden.

Die meisten Reformer hatten sich für einen Wahlboykott entschieden. Ihre Führer Mir-Hossein Mussawi und Mehdi Karubi stehen seit über einem Jahr zusammen mit ihren Ehefrauen unter Hausarrest und dürfen nur mit einigen Familienangehörigen telefonieren.

Die Wahlen vom Freitag waren nur der Auftakt für den politischen Machtkampf im Hinblick auf die Präsidentenwahl im Juni 2013. Bei den vergangenen zwei Präsidentschaftswahlen hatte Chamenei Ahmadinedschad unterstützt - das letzte Mal, obwohl es bereits Spannungen zwischen den beiden Männern gab. Aber lieber Ahmadinedschad als die Reformer, muss sich Chamenei gedacht haben, als er Ahmadinedschad gegen den Vorwurf des Wahlbetruges in Schutz nahm.

Nun ist es Chamenei offenbar gelungen, eine Wahlniederlage Ahmadinedschads zu orchestrieren, ähnlich wie er zuvor den Niedergang der Reformer herbeigeführt hatte. Es stellt sich die Frage, wenn er als Präsidentschaftskandidaten aus dem Ärmel zieht. Parlamentspräsident Ali Laridschani dürfte gute Karten haben.

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