Schwulem droht die Abschiebung

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Landkreis Elbe-Elster wollte einen schwulen Kameruner abschieben, der in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft mit einem Deutschen lebt. Eine solche Lebensgemeinschaft ist im Ausländerrecht einer Ehe gleichgestellt, so dass der Mann einen Anspruch auf ein Bleiberecht hätte. Die Abschiebung konnte vorerst nur dadurch verhindert werden, dass sich Freunde an die Härtefallkommission des Landes wandten. Bis die entschieden hat, ist es in Brandenburg guter Brauch, nicht abzuschieben.

Der Kameruner floh 2010 nach Deutschland, weil er wegen seiner Homosexualität in der Heimat verhaftet und von der Polizei verprügelt wurde. Der Asylantrag wurde aber abgelehnt, weil Zweifel bestanden, dass er wirklich schwul ist. Der Betroffene klagte gegen die Verweigerung des Asyls. Als der Mann, der inzwischen gut Deutsch spricht, im Sommer 2011 die Lebenspartnerschaft mit einem deutschen Studenten schloss, zog er seine Klage zurück. Er meinte, jetzt als Partner eines Deutschen schneller ein Aufenthaltsrecht zu bekommen als mit einem Asylantrag. Dies war ein folgenschwerer Irrtum.

Denn für die Ausländerbehörde war der Kameruner nun rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber. »Der abgelehnte Asylantrag steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen«, sagt Kreisverwaltungssprecher Torsten Hoffgaard. Zudem sei der Lebensunterhalt des Mannes nicht durch Arbeit gesichert. Da der Mann der Aufforderung, freiwillig nach Kamerun auszureisen, nicht nachgekommen sei, wollte man ihn abschieben, bestätigt Hoffgaard.

»Hier hat das Landratsamt eindeutig falsch entschieden«, meint Beate Selders vom Flüchtlingsrat Brandenburg. »Bei Heirat oder Verpartnerung spielt es keine Rolle, ob der Asylantrag abgelehnt wurde. Hier ist das Grundrecht auf Ehe und Familie höher zu werten.« Zudem liege dem Betroffenen ein Arbeitsangebot vor. »Sobald die Ausländerbehörde ihm erlaubt zu arbeiten, könnte er seinen Lebensunterhalt selbst verdienen«, erklärt Beate Selders. Aber darauf käme es nicht einmal an. »Denn als Ehepartner eines Deutschen müsste er die Aufenthaltserlaubnis unabhängig davon bekommen, ob sein Lebensunterhalt durch eigene Arbeit gesichert ist.« Hoffgaard verweist dagegen auf die Möglichkeit, nach einer Ausreise oder Abschiebung von Kamerun aus eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu beantragen. »Eine solche Behördenentscheidung ist rechtlich zwingend«, sagt der Sprecher.

Der Kreis Elbe-Elster ist für problematische Entscheidungen der Ausländerbehörde bekannt. Im vorliegenden Fall segnete allerdings das Verwaltungsgericht Cottbus die Behördenentscheidung ab. Rechtsanwalt Michael Junge bedauert: »Weil mein Mandant seinen Asylantrag vorschnell zurückgezogen hat, ist die Gefahr für Leib und Leben, die ihm im Kamerun drohen würde, juristisch leider nicht mehr relevant.«

Dem Kameruner hatte die Ausländerbehörde beschieden: »Auch wenn Homosexualität in Kamerun mit Gefängnis sowie einer Geldstrafe bestraft werden kann, knüpft die strafrechtliche Verfolgung nicht an die sexuelle Veranlagung als solche an, sondern an ein bestimmtes äußeres Verhalten.« Die Strafe »soll nicht die sexuelle Veranlagung an sich treffen, sondern allein die Aufrechterhaltung der öffentlichen Moral bezwecken.« Mit anderen Worten: Man kann ja auch platonisch lieben. Jetzt liegen die Hoffnungen auf einem Einsehen der Härtefallkommission. Dort ist das Begehren bereits eingegangen und wird in Kürze behandelt, heißt es aus dem Innenministerium.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -