Keine Anker für Tegel

Unternehmensverbände sehen Hauptstadtregion aber insgesamt auf »gutem Wachstumskurs«

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 2 Min.

»Langfristig auf gutem Wachstumskurs« sehen die Hauptstadtregion »trotz eines nur moderaten« Leistungsanstiegs in diesem Jahr die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). Deren Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck prognostizierte gestern vor Journalisten, dass ein Prozent Wachstum der Wirtschaftsleistung im Jahre 2012 zu erwarten sei. Das bringe zudem einen weiteren Anstieg der Beschäftigung um 25 000 Arbeitsplätze »aus dem Bestand und durch Neuansiedlungen«.

Arbeitsplätze würden häufig mit qualifiziertem Personal von außerhalb besetzt, merkten die Unternehmer kritisch an. Sie wollen sich dafür engagieren, dass bereits Schüler stärker als bislang für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik - die sogenannten MINT-Fächer - begeistert werden. Die UVB und deren Mitgliedsverbände wollen für entsprechende Berufe und Studiengänge werben, Betriebe als »Lernorte« für Schüler anbieten.

Freute sich der UVB-Hauptgeschäftsführer auch über die baldige Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld, bereitet derzeit ein anderer Airport offenbar Sorgen. Angesprochen auf die weitere Entwicklung des Flughafens Tegel, der bei Eröffnung des BER geschlossen wird, sagte Christian Amsinck schon fast etwas hilflos: »Das ist schwieriger als gedacht.« Die Ansiedlung von Wirtschaft und Wissenschaft sei »sicher sinnvoll«, doch fehlten schwergewichtige »Ankerunternehmen« als starke Investoren.

Als Beschäftigungsmotoren betrachten die Wirtschaftsexperten insbesondere Unternehmen, deren Leistungen vornehmlich auf Wissen beruhen. In diesem Segment würden Unternehmen den Anteil ihrer Stellen für hoch qualifizierte Mitarbeiter um jährlich bis zu 30 Prozent erhöhen, hieß. Die Hauptstadtregion sei für solche Unternehmen ein »idealer Standort«, verließen doch jährlich rund 32 000 Absolventen die Hochschulen der Region - fast jeder dritte mit natur- oder ingenieurwissenschaftlichem Abschluss. In Berlin habe die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Fach- oder Hochschulabschluss seit 2005 um rund 40 000 (rund 30 Prozent) zugenommen.

»Innovationen sind ohne kluge Köpfe nicht denkbar«, mahnte der UVB. Wie sein Chef erläuterte, liege gerade darin die Chance für einen erfolgreichen Ausbau der Industrieproduktion. So verwies Christian Amsinck auf den Wandel von Unternehmen von reinen Produktherstellern zu Anbieter komplexer Lösungen - »die Industrie wird hybrid«. Es werde Energie verkauft statt eines Kraftwerks, Mobilität anstelle von Autos, erläuterte er. Große Hoffnung gilt der Bewerbung als Schaufenster der Elektromobilität.

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