- Kommentare
- Modernisierung
Das NRW-Lan und ein Laptop pro Schulkind
Eine Handreichung für die wahlkämpfende NRW-LINKE
Nordrhein-Westfalen preist sich gerne als siebzehntgrößte Volkswirtschaft der Welt an. Doch auch dort – mitunter: gerade dort – bestehen erhebliche Modernisierungsdefizite. So sind weite Teile Westfalens vom schnellen Internet abgeschnitten. Manche Modernisierung würde das Land sozialer und demokratischer machen. Der Wahlkampf bietet die Chance, diese Themen auf die Tagesordnung zu setzen. In fünf Jahren, beim nächsten Wahltermin, ist es zu spät.
Ein Laptop pro Kind und ein neues Schulfach
Medienkompetenz, also »die Fähigkeit, Medien und ihre Inhalte den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend zu nutzen« (WIKIPEDIA), wird von vielen Pädagogen längst als grundlegende Kulturtechnik angesehen. Und in einem Atemzug mit Lesen, Schreiben und Rechnen genannt. NRW braucht ein neues Schulfach: Technik- und Medienkompetenz. Darin müssen auch verbraucherschutzbezogene Inhalte gelehrt werden. Voraussetzung ist, diese Inhalte in der Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte zu berücksichtigen. Übergangsweise könnten auch externe Fachkräfte den Unterricht übernehmen.
In einem Industrieland sollte eines klar sein: Kinder müssen früh an den sinnvollen und kompetenten Umgang mit Technik gewöhnt werden. Auch jene Kinder, denen nicht das Privileg zu teil wurde, in eine begüterte Familie hineingeboren zu werden. Das Programm »One Laptop per Child« wurde bisher für Entwicklungsländer aufgelegt. Auch in Deutschland täte »ein Laptop pro Kind« Not: Hier wird darüber debattiert, teure iPads im Unterricht einzusetzen. Irgendwann. Doch nötig ist etwas anderes: Preisgünstige Laptops auf Linux-Basis. Und zwar schnell. Und bittesehr für jeden Schüler und jede Schülerin – die digitale Kluft muss aufgehoben, die Chancenungleichheit verringert werden!
Schneller Internetzugang für alle: Das NRW-Lan
In anderen Ländern ist es üblich, auch in NRW sollte es Standard werden: Ein freies WLan für alle, das einen schnellen Internetzugang jederzeit und an jedem Ort ermöglicht. Das kann nur funktionieren, wenn man das NRW-Lan als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge betrachtet. Beginnen sollte man in drei sauerländischen Kleinstädten, die derzeit noch vom schnellen Internet abgekoppelt sind. Drei Leuchturmprojekte dort, wo es am dringendsten nötig ist, wären ein guter Start. Sukzessive sollte das NRW-Lan dann ausgebaut werden.
Nun wird die Forderung, den Zugang kostenlos zu ermöglichen, unmittelbar kaum mehrheitsfähig sein. Ein Vorschlag zur Güte: Zunächst könnten NRW-Lan-Kunden von niedrigen Preisen profitieren. Ein öffentliches Unternehmen muss nicht um jeden Preis Gewinn abwerfen und kann Kostenersparnis durch Skaleneffekte an seine Kunden weiter geben. Ein paar Subventionsmilliönchen für einen technischen Quantensprung wären wohl auch vermittelbar.
In Phase zwei (das Netz steht, die wesentlichen Investitionen sind getätigt) könnte man ja ein neues Argument nachschieben: Wäre es nicht wunderbar, wenn Messebesucher und Touristen aus aller Welt daheim vom kostenlosen NRW-Lan schwärmen?
Mehr Partizipation durch eDemokratie
Ich habe an anderer Stelle bereits geschrieben, warum elektronische Abstimmungen problematisch sind, Unterschriftensammlungen für Volks- und Bürgerentscheide jedoch online erfolgen dürfen. Hier spielt das e-demokratische Dilemma (eine elektronische Abstimmung ist entweder transparent oder geheim, eine demokratische Abstimmung muss aber beide Kriterien erfüllen!) keine Rolle. Der Bürger signalisiert seine Zustimmung für einen Basisentscheid ja nicht anonym.
Bisher gab es in NRW erst einen erfolgreichen Volksentscheid. Ursache sind eben auch die hohen Beteiligungshürden. Die kann man senken: Die Unterschriftensammlung muss erleichtert werden, indem sie auch via Internet erfolgen kann.
Darüber hinaus sollte das Land mit Liquid Democracy experimentieren. Politik und Verwaltung sollten zwar nicht auf das Geschwafel, wohl aber auf die Weisheit der Masse vertrauen lernen (mehr dazu: hier).
Los gehen könnte es mit Projekten in drei Kommunen und zwei Landesministerien, am besten in den Ressorts Wissenschaft und Energiepolitik.
Auch sollten nicht nur Plenar-, sondern auch Ausschusssitzungen des Landtages per Livestream übertragen werden. Gleiches sollte auch für die Sitzungen von Städte- und Gemeinderäten gelten.
Ein Arbeitsauftrag an die neue Fraktion!
Hat die NRW-LINKE nicht gerade ganz andere Sorgen? Steht sie nicht unter enormen Zeitdruck? Mag sein. Aber der Zugang zu Technik und (schnellem) Internet ist längst Teil der sozialen Frage. Unterschiede zwischen den sozialen Klassen sowie Stadt und Land müssen nivelliert werden. Ein Demokratisierungsschub durch realistische e-demokratische Projekte würde dem einwohnerstärksten Bundesland gewiss nicht schaden. All das sind Aufgaben für eine demokratische Linke – für wen denn sonst?
Und falls die NRW-LINKE ihr Programmpaket nicht neu aufschnüren möchte: All die oben genannten programmatischen Ziele können ja als Arbeitsauftrag an die neue Landtagsfraktion vergeben werden. Durch einen Parteitag. Kleiner Tipp: Dort werden dann auch viele Medienvertreter sitzen...
Hinweis: Das für diese Woche vorgesehene Thema Gema und Youtube-Sperren wird zu einem späteren Zeitpunkt abgehandelt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.