Bewährung für Antifas
Ein Gericht in Warschau verurteilte linke Aktivisten aus Deutschland
Fünf Antifa-Demonstranten aus Deutschland wurden am Montag in Warschau zu einem Jahr Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung verurteilt. Sie hatten sich am 11. November 2011 in der polnischen Hauptstadt an Protesten gegen einen Naziaufmarsch anlässlich des Polnischen Unabhängigkeitstages beteiligt. Bereits im Dezember hatte das Amtsgericht Warschau die ersten vier linken Aktivisten aus Deutschland wegen »Hooliganismus« zu jeweils sechs Monaten Haft, eine weitere Person zu zehn Monaten verurteilt. Alle Strafen wurden zur zweijährigen Bewährung ausgesetzt.
Für eine Verurteilung nach dem Hooligan-Paragrafen reicht es, »Mitglied einer Gruppe von Menschen zu sein«, die vorhabe, Polizisten anzugreifen. Dieser Artikel wurde im Zusammenhang mit der bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft in Polen eingeführt.
Seit einigen Jahren veranstalten rechte Organisationen am Unabhängigkeitstag einen Marsch mit rund 10 000 Teilnehmern durch Warschau. Linke und zivilgesellschaftliche Gruppen organisierten dagegen im vergangenen Jahr Blockaden, zu denen auch Antifa-Aktivisten aus Deutschland eingeladen wurden. Rund 2000 Menschen beteiligten sich. Das Aktionskonzept bezog sich direkt auf Erfahrungen in Dresden, wo Demonstranten mit Massenblockaden den jährlichen Naziaufmarsch im Februar verhinderten.
Die Teilnahme von Demonstranten aus Deutschland war in Polen schon im Vorfeld auf Gegenwehr gestoßen. Besonders die konservative Presse diffamierte die linken Proteste und verglich in den Tagen nach dem Aufmarsch die deutschen Aktivisten mit der SA. Am 11. November war es zu schweren Ausschreitungen in der Stadt gekommen, für die einseitig die antifaschistischen Gruppen verantwortlich gemacht wurden. Der rechte Aufmarsch, wie auch die Gewaltbereitschaft der rechtsradikalen Szene in Polen spielten in der Berichterstattung dagegen kaum eine Rolle. So berichten Augenzeugen, dass rund 3000 rechte Hooligans die Blockadeteilnehmer und die Polizei mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern angegriffen hätten.
Die Mehrzahl der etwa 150 aus Deutschland angereisten Antifaschisten war kurz nach ihrer Ankunft festgenommen worden und befand sich zum Zeitpunkt der Ausschreitungen bereits seit mehreren Stunden in Polizeigewahrsam. Gegen die meisten laufen Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten. 20 endeten bislang mit Freisprüchen.
Der Verteidiger der verurteilten Deutschen ging in Revision. Zudem wurden Beschwerden gegen die Verhaftung sowie eine Sammelklage gegen die Polizisten wegen Gewaltanwendung im Gewahrsam und Vorenthaltung juristischer Unterstützung eingereicht.
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