Die Wahrheit über Ziegenhals
Bündnis will Gedenkstein für KPD-Tagung selbst bezahlen und Inschrift bestimmen
In Ziegenhals soll ein Gedenkstein an die berühmte illegale KPD-Tagung erinnern. Doch SPD, CDU und FDP planen eine unzumutbare Inschrift. Das will die LINKE und das wollen auch andere nicht zulassen. Sie möchten den Stein lieber selbst bezahlen und dann über die Beschriftung bestimmen. Es soll eine würdige Inschrift sein, die den Tatsachen entspricht.
Der Gedenkstein ist eine Reaktion darauf, dass ein hochrangiger Beamter aus dem brandenburgischen Bauministerium die Ernst-Thälmann-Gedenkstätte am historischen Ort privat erwarb und schließlich im Mai 2010 abreißen ließ. Die Gedenkstele soll gegenüber auf städtischem Grund aufgerichtet werden.
Ein falsches Signal
10 000 Euro bewilligte das Stadtparlament von Königs Wusterhausen 2011 für den Gedenkstein im Ortsteil Ziegenhals. Doch nun möchten SPD, CDU und FDP das Geld nur dann herausgeben, wenn die Inschrift lautet: »In Erinnerung an den Widerstand gegen Diktatur und Gewaltherrschaft«.
Dabei gehe es um die Opfer »aller Diktaturen«, stellt FDP-Fraktionschef Raimund Tomczak klar. Es handelt sich also keineswegs um ein Missverständnis, wenn der Freundeskreis der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte die Inschrift als eine »Provokation und eine Verhöhnung der Opfer der Nazis« empfindet. Die vorgesehene Inschrift sei in Zeiten eines wachsenden Rechtsextremismus »völlig inakzeptabel«, erklärt der Vorsitzende Max Renkl. »Ein falsches Signal wäre es, wenn auf einem Gedenkstein, der dem antifaschistischen Widerstand gewidmet sein sollte, die höchst umstrittene Totalitarismus- und Gleichsetzungsthese in Stein gemeißelt wird. Diese These verharmlost und relativiert den Faschismus und die Shoa und setzt sie zum Beispiel mit der DDR gleich.«
Renkl verweist ganz richtig darauf, dass der Freundeskreis mit seiner Sichtweise nicht allein stehe. Ein Beispiel: Der Arbeitskreis der Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus habe sich gegen einen einheitlichen Gedenktag für die »Opfer aller autoritären und totalitären Regime« ausgesprochen. Dieser Tag sollte auch noch ausgerechnet der 23. August sein - das Datum der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Pakts. Ein solcher Gedenktag würde zu »unhistorischen Gleichsetzungen und Relativierungen« führen, warnte Günter Morsch, Arbeitskreischef und Leiter der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen, in einem offenen Brief.
Ein extra gegründetes Aktionsbündnis will die verzerrende Inschrift verhindern, indem es auf die 10 000 Euro von der Stadt verzichtet und das Geld lieber selbst auftreibt. Noch in dieser Woche soll von der Linksfraktion ein entsprechender Antrag formuliert werden, verrät LINKE-Stadtparteichef Michael Wippold dem »nd«. Er hatte die Idee und holte Partner an einen Tisch, darunter den Freundeskreis der Thälmann-Gedenkstätte, die Europäische Linke, die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und das örtliche »Bündnis gegen Rechts«.
Futura auf Granit
Es sollen Spenden gesammelt werden. Weil die Sache erst am Anfang steht, gibt es noch kein Konto dafür. Wippold glaubt allerdings, dass die notwendige Summe bestimmt zusammen kommt. Es sind etwas mehr als 10 000 Euro erforderlich, weil schätzungsweise 150 Euro jährlich benötigt werden, um die Erbpacht für das rund 130 Quadratmeter große Gelände zu bezahlen.
Über die Inschrift bestehe bereits Einigkeit, sagt Wippold. Auf einem grauen Granit, 2,50 Meter lang, 80 Zentimeter hoch und 60 Zentimeter tief, soll in einer kräftigen Futuraschrift vermerkt sein: »Zum Gedenken an die Tagung der Kommunistischen Partei Deutschlands am 7. Februar 1933 unter Leitung ihres Vorsitzenden Ernst Thälmann. Beginn des organisierten Widerstands gegen die Herrschaft des Faschismus«.
Am 16. April sollen die Stadtverordneten entscheiden. Die SPD verfügt in dem Kommunalparlament über neun von insgesamt 33 Stimmen, die CDU über sechs und die FDP über zwei. Die Linksfraktion zählt neun Mitglieder.
Die Stadtverwaltung würde die 10 000 Euro gern einsparen, erfuhr Wippold, der schon einmal vorfühlte. Auch FDP-Fraktionschef Tomczak dürfte sich dem Anliegen eigentlich nicht verschließen. Schließlich beschwerte er sich in der Diskussion um die Bewilligung des Geldes, wenn die LINKE ein Ehrenmal nur für Opfer aus dem kommunistischen Umfeld haben wolle, dann solle sie das selbst finanzieren. »Das habe ich gesagt und dazu stehe ich auch heute noch«, bestätigt Tomczak.
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