Keine Rendite mit Anstand
Daimler: Kritische Aktionäre verlangen Rüstungsstopp und eine Frauenquote
An Selbstbewusstsein mangelt es Daimler-Chef Dieter Zetsche nicht. Am Mittwoch bekräftigte er auf der Hauptversammlung des Automobil- und Rüstungskonzerns zum wiederholten Male dessen Führungsanspruch in der Branche. »Wo immer wir antreten, wollen wir ganz nach vorn - und zwar auf Dauer. Wo wir nicht die Nummer eins sind, wollen wir es werden«, tönte Zetsche, der neben seiner Managertätigkeit bei Daimler auch noch im Aufsichtsrat des Energiekonzerns RWE sitzt, vollmundig.
So profitabel wie die Erzrivalen BMW und Audi ist Daimler aber weiter nicht: BMW feierte im ersten Quartal 2012 einen Rekordabsatz, wie Vertriebsvorstand Ian Robertson am Mittwoch bekanntgab. Und Audi gab pünktlich zur Daimler-Hauptversammlung einen Absatzrekord in China bekannt. Für 2012 kündigte Zetsche zwar neue Umsatzrekorde an, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern wird aber wegen hoher Investitionen bei rund neun Milliarden Euro stagnieren. Um Daimler-Chef zu bleiben, muss Zetsche aber Ergebnisse liefern - sein Vertrag läuft 2013 aus. Der 58-Jährige steht seit 2006 an der Konzern-Spitze, seitdem hat sich der Aktienkurs um rund vier Prozent verbessert, der von BMW dagegen um 80 Prozent.
2011 erzielte Daimler das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte. Der Überschuss wuchs um knapp 30 Prozent auf sechs Milliarden Euro, der Umsatz stieg um neun Prozent. Im ersten Quartal 2012 verkauften die Schwaben mehr Autos als je zuvor.
Den Aktionären versprach Zetsche eine »weiter nachhaltige Dividendenentwicklung«. Für 2011 bekommen die Anteilseigner 2,20 Euro je Aktie - im Jahr zuvor waren es 1,85 Euro gewesen. Im Vorfeld der Hauptversammlung hatte der Dachverband der Kritischen Aktionäre unter dem Motto »Kauft eine Aktie! Entrüstet Daimler!« dazu aufgerufen, Anteilsscheine als Protestinstrument gegen unethische Geschäfte des Konzerns zu erwerben. Jeder Aktienbesitzer könne auf der Versammlung seine Kritik am Waffenhandel vorbringen.
Jürgen Grässlin, Sprecher der Kritischen Aktionäre, erklärte vorab: »Solange Menschenrechte in der arabischen Welt unter die Räder der Mercedes-Militärfahrzeuge und ins Schussfeld der Daimler/EADS-Waffen gelangen, bleibt die Ankündigung von Dieter Zetsche einer ›Rendite mit Anstand‹ ein leeres Versprechen.«
Und der Rüstungsexport ist nicht der einzige Punkt im Geschäftsgebaren der Daimler AG, der den Kritischen Aktionären sauer aufstößt: Sie fordern den Autobauer auf, eine 30-prozentige Frauenquote im Vorstand einzuführen und die Leiharbeit im Konzern zu reduzieren. Sprecherin Beate Winkler-Pedernera kritisierte, dass Zeitarbeit zu einer Zweiklassengesellschaft führe. »Das Risiko bei der nächsten Krise entlassen zu werden, tragen vor allem die Leiharbeiter - und das auch noch bei deutlich schlechterer Bezahlung.« Daimler müsse Leiharbeiter entweder fest anstellen oder sie wenigstens so entlohnen wie die Stammbelegschaft.
Unterdessen forderten US-Gewerkschaftsführer und Bürgerrechtler Daimler auf, sich gegen diskriminierende Gesetzgebung am Unternehmensstandort im Bundesstaat Alabama einzusetzen. Der Konzern habe die Verpflichtung, so die Aktivisten, gegen das Alabama-Racial-Profiling-Gesetz einzutreten, das Einwanderern und Minderheiten grundlegende Bürgerrechte verweigere und Gewerkschaften massiv behindere.
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