Blick auf die Gefahrenzonen
Günter Grass hat mit seinem Gedicht »Was gesagt werden muss« die Schleusen der Kritik geöffnet, seine Warnung vor einem atomaren Krieg gegen Iran wird weithin geschmäht - von den einen als Auswurf tief verwurzelter Judenfeindlichkeit, von den anderen als sachlich inkompetente Äußerung eines alternden Schriftstellers. Aber vor allem jenseits der politischen Feuilletons mehren sich auch die Stimmen, die Grass verteidigen und seine Warnung ernst zu nehmen verlangen.
Israelkritik in Deutschland? Nein, leicht ist das nicht, und Günter Grass ist niemand, dem dies entgangen ist. Wir erinnern uns zu gut an Jürgen Möllemann und seine Israelkritik im Wahlkampf. Er bediente die Figur der eigenen Schuld der Juden am Antisemitismus, um am rechten Rand zu sammeln und die FDP auf 18 Prozent zu hieven. Kritik an Israel ist immer eine der zentralen Projektionsflächen des rechtsradikalen Randes der Bundesrepublik gewesen; derjenigen, die den Juden den Holocaust nie verziehen haben, die sich ihrer imperialen Biografien beraubt fühlten. Dieser Rand war es, der ihre antisemitischen Ressentiments, ihre Verschwörungstheorien von mächtigen Juden, die eine Weltordnung dominieren, in der die Deutschen zu kurz kommen, als Tabubruch inszenierte.
Diese alte Sehnsucht nach Größe wurde 1998 in der Frankfurter Paulskirche bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels abgesegnet, als Martin Walser nach ...
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