Visionäre Bogenschützen

Das Kino Arsenal zeigt Filme von Michael Powell & Emeric Pressburger

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 3 Min.

Es sind zehn Filme aus zehn Jahren, von 1941 bis 1951, mit denen die britischen Ausnahme-Talente Michael Powell und Emeric Pressburger im April im Arsenal vorgestellt werden, neun davon unter dem Zielscheiben-Logo ihrer gemeinsamen Firma »The Archers«: die Bogenschützen.

»The Archers« ist auch der Titel der Filmreihe über die besten Jahre des symbiotischen Duos, das zu den faszinierendsten kreativen Gespannen der Filmgeschichte gehört. Powell und Pressburger inspirierten Filmemacher wie Martin Scorsese und Francis Ford Coppola, und eine ganze Generation von Experimentalfilmern dazu. Ihr visuell überwältigendes Technicolor-Melodrama »Die roten Schuhe« (nach dem Märchen von Hans-Christian Andersen), in dem eine moderne Ballerina sich an der Unvereinbarkeit ihrer Leidenschaft für den Tanz und ihrer Liebe zum Komponisten ihrer Ballett-Truppe aufreibt, ist das erklärte Vorbild von Gene Kellys »Ein Amerikaner in Paris« und »Singin’ in the Rain« und eine Vorlage für Darren Aronofskys jüngstem Ballett-Psycho-Thriller »Black Swan«.

Zusammengetroffen waren Powell und Pressburger bei zwei Filmen mit dem emigrierten Conrad Veidt (»Der Spion in Schwarz« und »Contraband«, nicht im Programm), bei denen Powell Regie führte und Pressburger am Drehbuch arbeitete. Powell, in Kent geboren und bei der Mutter aufgewachsen, arbeitete als Regisseur für den Großproduzenten Alexander Korda, als Pressburger 1935 in England eintraf. Pressburger kam aus Ungarn wie Korda und war Jahre durch Europa gewandert, bevor er in Berlin für die Ufa und ab 1933 in Paris als Drehbuchschreiber zu arbeiten begann.

»49th Parallel«, der früheste Film der Reihe, ist ein Propaganda-Film, gedreht im Auftrag und mit Mitteln der britischen Regierung. Ein Film über sechs Überlebende eines beim Invasionsversuch in der Hudson Bay versenkten deutschen U-Boots, die sich aufmachen, die Grenze zu den neutralen USA zu erreichen, wobei einer nach dem anderen auf der Strecke bleibt. Ziel des Films war es, die USA zum Kriegseintritt zu bewegen - was Powell und Pressburger aber nicht davon abhielt, einem multi-kulturellen Kanada mit Laurence Olivier als frankokanadischem Trapper eine ebenfalls recht gemischte deutsche Truppe gegenüberzustellen, vom nazistischen Überzeugungstäter bis zum einstmals anständigen Handwerker und Mitläufer, den die Zeitläufte mitrissen.

Mit derselben feinen Unterscheidung zwischen Nazis und Deutschen erregten Powell und Pressburger 1943 anlässlich der Produktion ihres ersten Technicolor-Films, »The Life and Death of Colonel Blimp«, den Zorn von Premier Winston Churchill, der wehrhafte britische Offiziere in britischen Filmen sehen wollte, keinen vom Leben gebeutelten alten Herrn mit altmodischem Ehrenkodex und einer engen Freundschaft zu einem energischen und so gar nicht dämonisierten preußischen Offizier. Dass Churchill der Produktion die Unterstützung durch die Armee versagte, schadete dabei weniger als das Exportverbot, dass er über den Film verhängte.

Der schönste und seltsamste aller Archers-Filme aber ist wohl »A Matter of Life and Death« (Irrtum im Jenseits) von 1946. Da spielt David Niven einen Flieger, der einen Flugzeugabsturz überlebt, aber operiert werden muss, weil er Anzeichen epileptischer Abwesenheiten und olfaktorischer Halluzinationen zeigt. Der Wechsel zwischen einer realen Welt in Technicolor und einer imaginierten - und schwarz-weißen - Zwischenwelt mit himmlischem Gericht, das über Leben oder Tod des Fliegers entscheiden soll, ist wahrscheinlich der einfallsreichste Film, der je zur Verbesserung britisch-amerikanischer Beziehungen gedreht wurde.

Bis 23.4., Kino Arsenal

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