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Früher Hafturlaub für Mörder?
Justizminister Schöneburg zu einer geplanten Neuregelung im Strafvollzugsgesetz
nd: Bereits nach fünf Jahren und nicht erst nach zehn Jahren wie bisher sollen zu lebenslangen Haftstrafen Verurteilte Urlaub beantragen dürfen. Von einem »gefährlichen Experiment auf dem Rücken der Bürger« spricht der Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, von einem »Experiment auf Kosten der Sicherheit« der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei. Droht ein solches Szenario tatsächlich?
Schöneburg: Nein. Es wird auch weiterhin so sein, dass Hafturlaub nicht gewährt wird, wenn Fluchtgefahr besteht oder davon ausgegangen werden muss, dass der Gefangene den Urlaub dazu benutzt, neue Straftaten zu begehen.
Wir oft kommt es denn vor, dass während des Hafturlaubs Delikte verübt werden?
Das ist äußerst selten. Die Missbrauchsquote liegt bundesweit bei unter einem Prozent, in Brandenburg sogar nur bei 0,03 Prozent. Natürlich ist jeder einzelne Missbrauchsfall bedauerlich. Es wäre allerdings dabei noch zu bedenken, dass in die Quote auch geringfügige Delikte wie etwa Ladendiebstähle eingerechnet sind, die keine dramatische Gefahr für den Bürger darstellen.
Warum dann die Aufregung?
Das verstehe ich selbst nicht. Schleierhaft ist mir vor allem, warum das Thema gerade jetzt hochkocht und warum sich die Empörung ausgerechnet gegen mich richtet. Der Streit dreht sich um eine Passage im Musterentwurf für Strafvollzugsgesetze in insgesamt zehn Bundesländern. Brandenburg gehört zu diesen zehn Ländern, die Federführung bei der Erarbeitung hatten allerdings Berlin und Thüringen. Der Entwurf liegt bereits seit September vor. Bislang gilt noch ein Bundesgesetz. Die Verantwortung wurde jedoch an die Bundesländer übertragen. Wir wollen das brandenburgische Strafvollzugsgesetz im Sommer sachlich diskutieren. Dann können auch seriöse Argumente gegen die Fünf-Jahres-Regel vorgetragen werden, die ich im übrigen richtig finde. Das Niveau der Diskussion jetzt lässt leider zu wünschen übrig.
Welcher Gedanke steckt hinter der Fünf-Jahres-Regel?
Grundidee des Musterentwurfs insgesamt ist der verfassungsrechtlich vorgegebene Resozialisierungsanspruch. Aufgabe des Strafvollzugs ist es, den Kriminellen zu befähigen, nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis ein Leben ohne Straftaten zu führen. Der Sühnedanke findet sich hier nicht, der drückt sich vorher im Strafmaß aus. Hafterleichterungen gelten als der Königsweg, um die Rückfallquoten zu senken - die liegen leider bei bis zu 90 Prozent und damit viel zu hoch. Die Wissenschaft sagt uns, dass spätestens nach vier bis fünf Jahren im Gefängnis eine Desozialisierung des Gefangenen einsetzt. Er wäre dadurch am Ende oft vielfach gar nicht mehr in der Lage, draußen klarzukommen. Die Folge sind erneute Straftaten. Die Gewährung von Hafturlaub ist eine Möglichkeit, dem entgegen zu wirken. Unter dem Strich würden wir also mit der neuen Fünf-Jahres-Regel die Sicherheit erhöhen. Es ist viel gefährlicher, desozialisierte Täter zu entlassen.
Auch Mörder kommen nach spätestens 25 Jahren frei?
Das stimmt so nicht. Voraussetzung für die Freilassung eines Menschen, der zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, ist immer die Beurteilung, ob dieser Täter noch eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt. Erstmals wird dies nach 15 Jahren geprüft, aber auch nach 25 Jahren plus X kommt niemand automatisch frei.
Wie hoch ist denn die Gefahr, dass ein Tötungsdelikt erneut begangen wird?
Die Rückfallquote ist geringer als bei anderen Straftaten. Das hat damit zu tun, dass Morde oft wegen Konflikten in der Familie oder als Beziehungstaten begangen werden. Eine Wiederholungsgefahr besteht kaum.
Interview: Andreas Fritsche
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