Friedensimpuls in Nepal
Armee übernimmt maoistische Stützpunkte
Premier Baburam Bhattarai war dabei und auch die Führer der wichtigsten politischen Parteien, als in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu am Dienstag das »Sonderkomitee für Überwachung, Integration und Rehabilitation der Angehörigen der ehemaligen maoistischen Volksbefreiungsarmee« einen wichtigen Beschluss fällte: Das Militär Nepals ist nun verantwortlich für die Sicherheit der Lager und der dort etwa 3000 in versiegelten Containern aufbewahrten Waffen.
Fünf Jahre lang hatten über 19 000 Ex-Guerilleros bis zu diesem Zeitpunkt ohne klare Perspektive in ihrem lagerähnlichen Unterkünften ausgeharrt. 7000 von ihnen waren bereits Mitte Februar entlassen worden. Sie hatten sich für eine Rückkehr ins zivile Leben entschieden und dafür ein finanzielles »Startpaket« von der Regierung erhalten. 9700 votierten dagegen für eine Integration in die Streitkräfte des Landes. Diese wollten aber nur 6500 Maoisten aufnehmen und in eine Spezialeinheit rekrutieren. Es besteht also noch Klärungsbedarf, was mit den »überschüssigen« Leuten geschehen soll.
Zunehmende Spannungen und Rangeleien zwischen den Lagerinsassen bildeten laut einem Bericht der Zeitung »The Hindu« den Hintergrund für die Entscheidung vom Dienstag. Angeblich haben einige Kommandeure ihre Untergebenen zwingen wollen, sich rekrutieren zu lassen, obwohl letztere mit der Starthilfe ein neues Leben außerhalb der Kasernentore beginnen wollten. Auch zwischen Angehörigen verschiedener ethnischer Gruppen soll es zu Auseinandersetzungen gekommen sein. Das habe die Führung der Vereinten KP Nepals (Maoistisch) dazu bewogen, die Eingliederung von Teilen ihrer ehemaligen Truppen in die Nationalarmee zu beschleunigen und der Übernahme der Lager zuzustimmen.
Das Integrationsproblem galt bislang als Kernstück des Friedensprozesses, der 1996 nach dem Ende des zehn Jahre währenden Krieges der Maoisten gegen die Monarchie und gegen das politische System begann. In den letzten Monaten wurde der Friedensprozess sogar mit der Integration gleichgesetzt. Eigentlich sollte dieser aus mehreren Elementen bestehen, zum Beispiel einer provisorischen Gerichtsbarkeit, der Rückgabe von während des Krieges konfisziertem Eigentum, einer Bodenreform und einer Demokratisierung des nepalesischen Militärs. Die Eingliederung der maoistischen Volksbefreiungsarmee in die regulären Streitkräfte bzw. deren soziale Rehabilitierung war nur ein, wenn auch ein wesentlicher Punkt.
Aus Kreisen der bürgerlichen Partei Nepali Congress, die nicht an der gegenwärtigen Koalitionsregierung beteiligt ist, war am Dienstag zu hören, der Friedensprozess sei nun unumkehrbar. Jetzt sei eine günstige Atmosphäre geschaffen, den Verfassungsentwurf rechtzeitig vorzulegen. Dieser muss nach einem Urteil des Höchsten Gerichts bis Ende Mai vom provisorischen Parlament, in dem die VKP Nepals (Maoistisch) die stärkste Fraktion stellt, angenommen werden. Ansonsten gibt es Neuwahlen. Ob der Einzug der Armee in die Lager der Ex-Guerilla nun tatsächlich einen »Durchbruch« darstellt und damit spürbare Bewegung in die politische Szene Nepals bringt, steht noch nicht fest, aber einen Impuls dafür gibt er allemal.
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