Arbeitsagenturen bestrafen Hartz-IV-Bezieher

Wohlfahrtsverband kritisiert »Bild«-Berichterstattung

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin (nd-Stenger/Agenturen). Die Arbeitsagenturen haben 2011 deutlich mehr Hartz-IV-Empfängern wegen mutmaßlicher Verfehlungen die Leistungen gekürzt. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der Sanktionen beim Arbeitslosengeld II um etwa zehn Prozent gestiegen, sagte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch gegenüber dpa und bestätigte damit einen Bericht der »Bild«-Zeitung. Zugleich machte er aber deutlich: »Die reinen Missbrauchsfälle und Betrugsfälle steigen nicht an. Wir haben überwiegend Meldeversäumnisse.« Dies liege vor allem daran, dass die Arbeitsagenturen den Jobsuchern 2011 wegen der vielen offenen Stellen deutlich mehr Einladungen geschickt hätten. Versäumt ein Arbeitsloser den Termin, wird automatisch die Leistung gekürzt.

Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 912 377 solcher Sanktionen verhängt; 2010 waren es 829 375. Im Schnitt wurden die Leistungen um 116 Euro im Monat gekürzt. Das Bundesarbeitsministerium führt die gestiegene Zahl vor allem auf die Präzisierung der Sanktionsmechanismen zurück. Die Mitarbeiter in den Jobcentern wüssten nun besser, was zu tun sei, sagte eine Sprecherin.

Als unverantwortliche Stimmungsmache kritisierte der Paritätische Wohlfahrtsverband die »Bild«-Berichterstattung über vermeintlich zunehmende »Tricksereien« durch Hartz- IV-Bezieher. »Hier wird ohne jede empirische Grundlage auf unverantwortliche Art und Weise gegen Millionen Menschen gehetzt und ein Bild der schmarotzenden Massen geschürt, das mit der Realität nichts zu tun hat«, so Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider.

Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag, bezeichnete die Sanktionen als verfassungswidrig und forderte deren Abschaffung. Zudem wies sie darauf hin, dass im Jahr 2011 rund 42 Prozent der Widersprüche gegen Sanktionen ganz oder teilweise erfolgreich waren.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.