Reibach mit kaltem Nass

Wasserbetriebe erzielten Überschuss, Land Berlin und Private strichen hunderte Millionen ein

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.
Berliner Wassergebrauch sinkt weiter
Berliner Wassergebrauch sinkt weiter

Die Gewinne sprudeln. Da die Berliner Wasserbetriebe (BWB) im vergangenen Jahr erneut große Überschüsse erwirtschafteten, machen auch die Gesellschafter der teilprivatisierten Wasserbetriebe weiter kräftig Profit. Rund 124 Millionen Euro führten die BWB an die privaten Investoren RWE und Veolia für 2011 ab – beide Konzerne hatten 1999 gemeinsam knapp die Hälfte der Anteile an den BWB erworben.

Einen Reibach macht jedoch auch das Land Berlin, das die Mehrheit an den Wasserbetrieben hält: Denn zu den 108 Millionen Euro des Gewinnanteils des Landes kommen zudem noch das Grundwasserentnahmeentgelt, die Abwasserabgaben und Sondernutzungsentgelte hinzu. Alles in allem fließen in den Berliner Haushalt aus dem Wassergeschäft rund 190 Millionen Euro.

Auf einer Pressekonferenz präsentierte gestern der Vorstandsvorsitzende der Berliner Wasserbetriebe, Jörg Simon, die Bilanzzahlen für das 2011. Simon sprach von einem »außergewöhnlichen« Jahr für das Wassergeschäft. Denn trotz hoher Renditen für die Gesellschafter sank der Jahresüberschuss der BWB insgesamt im Vergleich zum Vorjahr um 8,8 Prozent ab. Als Ursache führte Simon den regnerischen Sommer 2011 auf, durch den in den Monaten Juni und Juli weniger Wasser verbraucht worden sei. Überhaupt bereitet der seit Jahren sinkende Wasserverbrauch (siehe Kasten), dessen Ursache Sparsamkeit und Deindustrialisierung sind, den Wasserbetrieben Kopfschmerzen. »Für Wasserversorger mit hohen Fixkosten macht das keinen Spaß«, meinte Simon. Größere Kosten als geplant entstanden dem Unternehmen 2011 überdies durch höhere Energiepreise und Personalkosten.
Doch nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen könnte der Reibach mit dem Wasser demnächst noch schwieriger werden. Als »stürmisch« werten die Wasserbetriebe auch das politische Umfeld: Gemeint ist damit unter anderem das laufende Verfahren des Bundeskartellamts zum Berliner Trinkwasser. Laut Jörg Simon würde eine Preissenkungsverfügung der Bonner Wettbewerbshüter die Wasserbetriebe jährlich »70 Millionen Euro« an Umsatz kosten. Den Kunden der Wasserbetriebe würde das Kartellverfahren dagegen jährlich Ersparnisse von 15 Euro fürs Trinkwasser bringen, hat Simon ausgerechnet. Die Wasserbetriebe hoffen unterdessen selbst, die Preissenkungsverfügung noch mit einer Klage abwenden zu können. Anders als das Bundeskartellamt wollen die Wasserbetriebe selbst die Tarife in den kommenden Jahren »stabil« halten. Eine Garantie dafür wollte Simon jedoch nicht abgeben.

Für die IHK Berlin können stabile Preise indes nur ein erster Schritt sein. »Land und private Anteilseigner müssen jetzt Flagge zeigen und die Weichen für dauerhaft günstige Wasserpreise in der Hauptstadt stellen«, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder. Auch die Wohnungswirtschaft sprach von »vergoldeten« Wasserhähnen – leider eben nicht nur für die Verbraucher.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -