Anti-Konflikt-Henkel

7000 Polizisten sollen am 1. Mai mit Deeskalationsstrategie für ruhigen Verlauf sorgen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Bürger, die bei der vergangenen Abgeordnetenhauswahl die CDU gewählt haben, dürften zurzeit etwas irritiert sein. Denn statt wie im Wahlkampf versprochen den »Aufräumer« zu geben, schlägt CDU-Innensenator Frank Henkel bisher eher ruhigere Töne an. Von »Null Toleranz« gegenüber »gewalttätigen Chaoten« und »Randalierern« im Vorfeld des diesjährigen 1. Mai schwadroniert gegenwärtig nur der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der das Propagieren ähnlicher Gewaltfantasien allerdings auch vom Berliner Senat erwartet.

Doch dieser Versuchung erliegt Henkel nicht. Das wurde gestern auch bei der Präsentation der Polizeistrategie zum 1. Mai deutlich, die der CDU-Innensenator gemeinsam mit der amtierenden Polizeipräsidentin Margarete Koppers vorstellte. Wie in zehn Jahren unter Rot-Rot erprobt, will auch der neue Senat an der Doppelstrategie der »Ausgestreckten Hand« festhalten. »Das heißt viel Kommunikation, aber auch konsequenten Einsatz gegen Gewalttäter durch die Polizei«, erläuterte Henkel. Nur so sei zu hoffen, das alljährliche Gewaltritual am 1. Mai irgendwann einmal zu durchbrechen. »Alle haben am 1. Mai einen Anspruch auf einen friedlichen Tag: die Demonstrationsteilnehmer, Gewerbetreibende, Kiezfest-Besucher, Anwohner, aber auch die Polizisten.«

Auch die Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers, die seit fast einem Jahr den vakanten Polizei-Chefposten bekleidet, sieht in der Doppelstrategie »den einzigen richtigen Weg«. Von diesem habe sich die Polizei auch nicht durch Rückschläge wie 2009 abbringen lassen, als Autonome aus einer Demonstration die Polizei massiv angriffen. Gegenwärtig, so Koppers, befinde sich die Polizei mit allen Veranstaltungsanmeldern in Kooperationsgesprächen. Für die »Revolutionäre 1.Mai-Demonstration« etwa, zu der am 1. Mai ab 18 Uhr rund 15 000 Teilnehmer aus der linken Szene in Kreuzberg erwartet werden, hofft die Polizeichefin, in weiteren Gesprächen einen Kompromiss zur Route zu erzielen, der alle zufriedenstellt. »Es gibt Auflagen, aber mit Sicherheit kein Verbot«, dementierte Koppers anders lautende Presseberichte. Man habe auch nichts gegen eine Route von Kreuzberg nach Mitte.

Auf »bewährte« Konzepte setzt die Polizei dieses Jahr auch in anderen Bereichen: In der Walpurgisnacht und dem am 1. Mai in Kreuzberg stattfindenden »Myfest«, das der Bezirk erneut rund um den Heinrichplatz austragen will, soll es wieder großflächige Flaschenverbote geben. »Wir bleiben beim Flaschen- und Gewerbekonzept«, kündigte der Polizeieinsatzleiter für den 1. Mai, Jürgen Klug, an. Wie in den Vorjahren wollen sich die Einsatzkräfte bei den Veranstaltungen und Festivitäten möglichst zurückhalten. Insgesamt 7000 Polizisten sollen in der Walpurgisnacht und am 1. Mai in der Hauptstadt im Einsatz sein, davon 4000 aus Berlin.

Befürchtungen, dass durch das verlängerte Wochenende sogenannte Krawalltouristen nach Berlin kommen könnten, teilt die Polizei indes nicht. »Es gibt keine Erkenntnisse, dass es mehr Potenzial gibt als in den vergangenen Jahren«, sagte Koppers. Auch die aus der linken Szene angekündigten Aktionstage sehe man trotz erster Brandanschläge mit »Gelassenheit«. Eine Prognose zum diesjährigen 1. Mai will die Polizeichefin dennoch nicht abgeben. »50 Prozent sind Einsatztaktik, der Rest ist Glück.«

Linksradikale Gruppen wie die Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin (ARAB), die die 18 Uhr-Demo mitorganisiert, vernehmen die »versöhnlichen Töne« von Polizei und Innensenat unterdessen mit Skepsis. »Wir wollen eine politische Route vorbei an Springer, der GSW und Jobcenter«, erklärte ARAB-Sprecher Jonas Schiesser. Diesen Vorschlag für die Demo-Strecke wollen die Organisatoren heute der Versammlungsbehörde unterbreiten. Auch den Klageweg behalte man sich nötigenfalls offen.
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