Mehr Druck von unten

  • Wolfgang Mix
  • Lesedauer: 2 Min.

»So kann, so darf es nicht weitergehen«, heißt es in dem von Wissenschaftlern und Gewerkschaftern am 26. März veröffentlichten Aufruf »Europa neu begründen! Den Marsch in den Ruin stoppen!«, den bis jetzt über 2300 Menschen unterschrieben haben. Man hofft, dass eine entscheidende Kräftebündelung gegen die EU-weit drohende Fiskalpaktdiktatur gelingt. Viel steht auf dem Spiel: Ab 2013 würden per Schuldenbremse den Lohnabhängigen, Arbeitslosen und Rentnern gnadenlos alle Kosten der Krise aufgebürdet. Zugleich würden die Souveränität der EU-Länder, die demokratischen Rechte ihrer Bürger und, nicht zuletzt, die Tarifautonomie massiv ausgehebelt. »Marktkonforme Demokratie« à la Merkel - im Testgebiet Griechenland bereits zu besichtigen.

Wie werden die Gewerkschaftsvorstände mit den Herausforderung umgehen? Welchen Handlungsbedarf verbinden die Vorsitzenden mit ihrer Unterschrift? Werden Massenaktionen zur Abwehr des sozialen Alptraums organisiert? Mobilisierung der Beschäftigten zur Durchsetzung des Rechts auf politischen Streik - in der BRD illegalisiert und selbst in Gewerkschaften nahezu ein Tabuthema? Erwartungen, deren Realisierung deutlich mehr Druck der Basis erfordern dürfte.

Denn: Was von den Gewerkschaftsspitzen derzeit jenseits ihrer Widerstandsrhetorik zu erwarten ist, bestätigt eher, dass sich die neoliberalen Politiker nach wie vor auf »ihre« Gewerkschaften stützen können. Deren Spitzenfunktionäre agierten im September 2011 wie de-facto-Koalitionspartner, als DGB-Chef Sommer und die Vorsitzenden der DGB-Gewerkschaften in einem gemeinsamen Aufruf die Bundestagsabgeordneten aufforderten, dem erweiterten Rettungsschirm EFSF zuzustimmen. Dass dies ohne Mandat der Basis erfolgte und die Gewerkschaften seitdem die Bedienung der Finanzmärkte mit Steuermilliarden sowie die brutalen Sparauflagen mitzuverantworten haben, führte zu Mitgliederprotest. Fazit: Viel zu tun in den Gewerkschaften, die trotz aller Defizite die stärkste Waffe der Lohnabhängigen sind.

Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Berliner Humboldt-Universität und Vorstandsmitglied der Abteilung Wissenschaft in der GEW Berlin.

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