Forschung hier, Wissenschaft da

Wieder Kritik am Zuschnitt der Senatsressorts

  • Ralf Hutter
  • Lesedauer: 2 Min.

Ist die Aufteilung von inner- und außeruniversitärer Wissenschaft auf zwei Senatsressorts wirklich sinnvoll? Als die neue rot-schwarze Senatskoalition dies im Herbst festlegte, waren Kritik und Verblüffung groß, auch über Berlin hinaus. Am Mittwoch brach im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses der prinzipielle Streit wieder auf.

Beim Zuschnitt der Senatsressorts waren Wissenschaft und Forschung getrennt worden. Forschung ist nun zusammen mit Wirtschaft und Technologie im Ressort der von der CDU vorgeschlagenen parteilosen Sybille von Obernitz angesiedelt. Die universitäre Wissenschaft hingegen bleibt, zusammen mit der Schul- und Jugendpolitik, bei der SPD, deren Senatorin dafür Sandra Scheeres heißt. Nun gibt es ein neues Beispiel, das nach Meinung der Opposition die Absurdität dieser Ressortverantwortlichkeiten verdeutlicht.

Im Wissenschaftsausschuss ging es um den nahe des Wannsees gelegenen und vom Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) betriebenen Forschungsreaktor. Auf Grund der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima entspann sich 2011 eine Debatte über seine Sicherheit und Notwendigkeit. Nach dem Willen des HZB soll er frühestens 2027 abgeschaltet werden. Zwischen 2020 und 2025 soll die Entscheidung über eine Nachfolgeeinrichtung fallen.

Doch als es im Ausschuss darum ging, dem Senat diesbezüglich Empfehlungen zu unterbreiten, habe sich Resignation breit gemacht, berichtet Martin Delius, wissenschaftspolitischer Sprecher der Piratenpartei-Fraktion. Der für Wissenschaft zuständige Staatssekretär Knut Nevermann habe nämlich geantwortet, das falle nicht in seinen Zuständigkeitsbereich.

Delius findet es »absurd«: Der Wissenschaftsausschuss bewerte die wissenschaftliche Bedeutung des Reaktors, konkrete Schritte zum weiteren Vorgehen würden aber im Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie beschlossen. »Dort wird aber eher nach Technologie- und Wirtschaftsförderungsaspekten entschieden«, sagt Delius. Er glaubt nicht, dass sich dort auf den Wissenschaftsausschuss gestützt werden wird. Auch Delius' Kollegen bei den Grünen und der LINKEN nennen die Reaktordiskussion einen Ausweis für die Unsinnigkeit der Ressortaufteilung.

Lars Oberg hingegen glaubt, dass sich die Staatssekretäre der beiden Senatsverwaltungen angemessen absprechen werden, »wie bei allen Schnittstellenangelegenheiten«. Der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion spricht von einer guten Zusammenarbeit der beiden Senatsressorts: »Die Zielstellungen liegen nicht auseinander.« Die Abteilung Forschung sei zudem eigenständig und unterliege nicht einer Wirtschaftslogik. Hingegen habe die außeruniversitäre Forschung im alten Wissenschaftsressort »eine untergeordnete Rolle« gespielt. Oberg sagt, seine eigene Arbeit habe sich durch die neue Ressortaufteilung kaum verändert.

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