An Röslers Schopf aus dem Sumpf
Die FDP beschließt ein neues Programm, brauchte aber einen Rettungsplan
Am Tag vor dem Parteitag versuchte es Philipp Rösler noch einmal mit den Benzinpreisen. Nachdem der Parteichef und Bundeswirtschaftsminister zu Ostern bereits die Erhöhung der Pendlerpauschale ins Spiel gebracht hatte, verlangte er am Freitag, die Preispolitik der Mineralölkonzerne unter stärkere staatliche Kontrolle zu stellen. Das Problem: Der Ruf nach einem stärkeren Staat mag der Einsicht folgen, dass dies bei vielen Wählern gut ankommt, ist aber das Gegenteil einer typisch liberalen Politik. Egal, derzeit ist jedes Mittel recht. Die FDP kämpft seit einem Jahr vergeblich gegen den Trend zur Nichtregierungsorganisation, und klar dürfte sein, dass ein Verlust ihrer Landtagssitze nun auch in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen am 6. und 13. Mai an Rösler selbst nicht spurlos vorbeigehen würde.
Da mag er die FDP preisen als letzte Bastion der arbeitenden Mittelschicht, während alle anderen Partei nach links drifteten. Wähler, die die FDP 2009 mit fast 15 Prozent in die Bundesregierung katapultierten und erst später merkten, dass hinter jeder liberalen Botschaft immer eine weitere, eine neoliberale, verborgen war, haben offenbar vorerst keine Lust auf eine Wiederholung.
Und so ist Röslers Versuch, das Bild der Partei mit verwirrenden Botschaften zu schönen, zugleich der Versuch, sich selbst zu retten. Zwar wies FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle im »Handelsblatt« alle Spekulationen zurück, er könnte nach verlorenen Landtagswahlen Rösler vom Thron stoßen. Jedoch kann er nicht verhindern, dass diese wieder aufleben. Brüderle selbst spielt dabei eine stetige Rolle, vor allem aber fällt immer wieder der Name von Christian Lindner. Der einstige Generalsekretär, der als Teil der »Boygroup« mit Rösler und Gesundheitsminister Daniel Bahr den Sympathieverlust in der Bevölkerung aufhalten sollte, aber die Parteispitze im Dezember im Streit mit Rösler Hals über Kopf verließ, gilt nun erneut als Hoffnungsträger.
Kurzerhand sprang er als Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen in die Bresche, nachdem das Agieren der Liberalen im Landtag zu Neuwahlen geführt hatte, für welche die Partei selbst äußerst schlecht gerüstet war. Lindner wird diese mutige Entscheidung hoch angerechnet, sein Gewicht in der Partei dürfte damit gestiegen sein. Ein Jahr nach dem Rückzug von Guido Westerwelle ist die Wende ausgeblieben. Auch Wolfgang Kubicki, Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein, lässt eine zunehmend kritische Distanz gegenüber Rösler erkennen, doch empfiehlt er bisher keinen Personalwechsel an der Spitze. Der Schopf, an dem sich die Partei aus dem Sumpf ziehen will, ist immer noch der von Philipp Rösler. Und auf dem Parteitag in Karlsruhe erwartet man von diesem, dass er dafür in überzeugender Geste den Kopf hinhält. Das Parteiprogramm, über das der Parteitag zu befinden hat, ist da fast schon Nebensache
Auch die schwarz-gelbe Koalition hängt letztlich von der Rettung der Liberalen ab. Rösler hat immer wieder, zuletzt mit der Nominierung von Joachim Gauck gegen den Willen der Kanzlerin zum Bundespräsidenten, Selbstwertgefühle der FDP gehätschelt. Doch der Preis, den die Union dafür verlangen wird, steht noch aus. In Karlsruhe verlangt er auch deshalb Geschlossenheit. In der Wahl von Patrick Döring als FDP-Generalsekretär wird sich diese schon mal messen lassen.
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