Dinge, die sich fügen

Rolf Händler in der Sophien-Edition

  • Lesedauer: 3 Min.

Sicher eine der qualitätsvollsten Galerieausstellungen derzeit und das Zusammentreffen zweier ungewöhnlich expressiver Meister ihres Fachs präsentiert die Galerie Sophien-Edition, wo sich Sabine Kahra mit diesem Doppel nach 20 Jahren intensiver Arbeit verabschiedet. Die zwei Etagen im pittoresken Hof wurden ihr gekündigt; zeitgleich kam das Angebot, die Galerie Schwind in der Auguststraße zu übernehmen. So fügen sich die Dinge. Gefügt hat Kahra ihrerseits für die Finissage der Sophien-Edition zwei verschiedene künstlerische Ausdrucksweisen von erstaunlich korrespondierender Dichte.

Da sind zum einen die Bilder des Rolf Händler, 1938 in Halle geboren, beim Studium in Berlin-Weißensee gereift, seit 1966 freischaffend, unter den Malern und Grafikern seiner Generation einer der wertbeständigsten. Aus seinem umfangreichen Oeuvre zeigt er 51 Werke verschiedenen Naturells und Temperaments aus knapp 40 Arbeitsjahren. Gleich eingangs stimmt im satten Herbstgelb sein »Abgeerntetes Feld« von 1997 ein. Daneben die »Zwei Gartenstühle« in schattigem Winkel aus sonnigen Tagen, nichts weiter als Natur und grünes Sitzmöbel, dies aber von geradezu einladender Atmosphäre. Die »Ranke im Glas« von 2006 erinnert in der Ausführung und ihrer Knorrigkeit an van Goghs Mandelzweig. Sie gehört zu den vielen kleinen Formaten in der Schau.

Von Händlers Porträts beeindrucken sein »Selbstbildnis«, bärtig und asketisch, mit der Palette in der Hand, ein Gesicht wie aus dem Nebel; die »Zweifelnde« sowie, ältestes Exponat, »Mädchen im roten Pullover« aus dem Jahr 1974, mit schüchtern gefalteten Händen.

Menschenbildnisse sind es auch, die Marguerite Blume-Cárdenas - 1942 in Frankreich geboren, nach der Steinmetzlehre Studium in Dresden, seit 1969 freischaffend - ausstellt. Ihre Torsi aus Sandstein, der die Bearbeitungsspuren nicht leugnet, sind von beinah tänzerischem Schwung, mit dem sie Situationen erfahrbar macht. Älteste der 17 Skulpturen ist »Aphrodite« von 1990, in ihrer ausladenden Körperform ruhend, mit angedeutetem Gewand. »Sebastian« von 2010/11 ist beinah im Stein geblieben, wirkt mit dem ausgeführten Genital wie eine modellierte Herme. Lang und schwer hängt das Glied dem »Oktober« unter seinem sich wölbenden Bauch; feiner gerät mit den schmalen Schultern der »Knabe« 15 Jahre später, eingefangen in einer Zwischenstufe seiner keimenden Veränderlichkeit. Subtil auch die »Ballerina«, mit sichtbar filigran geführtem Meißel; gegen ihr Gebundensein an die Form ankämpfend die »Aufsässige«, wie sie den Oberkörper fast gewaltsam gegen die Oberschenkel verdreht.

Von zarter Schönheit und ganz kontemplativ fasst Blume-Cárdenas die »Mädchenmaske«, die Augen geschlossen, der Kopf reliefartig ausgehöhlt. Dramatik fangen zwei antike Themen ein. »Abel« liegt wie fassungslos nach dem Schlag durch den Bruder auf der Seite, stützt sich mit dem Armstumpf ab; »Phaeton II«, vom Gewicht her bestens austariert, hält im freien Fall beim Sturz aus dem väterlichen Sonnenwagen schier entsetzt die Hände vors Gesicht.

Bis 5.5., Galerie Sophien-Edition

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