Wohnung größer geworden als im Mietvertrag?

  • Dr. jur. HEINZ KUSCHEL
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Ich wohne seit 1970 in derselben Wohnung, die im Mietvertrag mit 63,10 Quadratmetern ausgewiesen ist. Das Haus wurde 1999 rekonstruiert und modernisiert. Daraufhin teilte der Vermieter mit, dass sich die Wohn- und Heizfläche um 3,14 Quadratmeter vergrößert hätte. Ein Nachweis dafür fehlt. Auch anderen Mietern wurde eine Vergrößerung ihrer Wohnfläche mitgeteilt, obwohl eine solche nicht zu erkennen ist. Der Vermieter stützt sich auf einen Rechtsentscheid des OLG Dresden (Az. A2 3AR0090/97). Danach stelle die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag eine »bloße Beschaffenheitsangabe« und somit eine reine Objektbeschreibung dar. Dies sei demnach keine Zusicherung einer Eigenschaft der Mietsache. Widerspruch der Mieter wurde nicht anerkannt. Wie ist die Rechtslage? Lieselotte H., Potsdam

Leider wurde uns nicht mitgeteilt, was der Vermieter damit eigentlich bezwecken will. Nur eine Information, dass sich die Wohnfläche vergrößert haben soll? Wird dafür mehr Miete gefordert? Werden nun die Betriebskosten auf Grund der größeren Fläche erhöht? Wenn auf dieser Grundlage mehr Miete verlangt werden sollte oder wenn die sich Umlage der Betriebskosten dadurch verändern soll, dann ist ein Vermieter selbstverständlich verpflichtet, zu begründen und zu erläutern, aus welchen Gründen eine Neuberechnung der Wohnfläche erfolgte und wie dies berechnet worden ist. Die rechtliche Grundlage der Wohnflächenberechnung für preisgebundenen Wohnraum (Sozialwohnungen) ist die Zweite Berechnungsverordnung (§§42 bis 44). Analog wird sie auch für den preisfreien Wohnraum (ehemals preisgebundener DDR-Wohnraum) angewandt. Dort ist im Einzelnen beschrieben, was bei der Berechnung zu beachten ist. Uns ist aus gleichgelagerten Sachverhalten bekannt, dass bei umfassenden Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten, aus mehreren Gründen, u.a. für den Umfang der Fördermittel und Kredite, von den Eigentümern die Größe der Wohnfläche nachzuweisen ist. Das führt dann zu Überprüfungen und ggfs. zu neuen Berechnungen. In der Regel erfolgt das mit einem elektronischen Messgerät jeweils in einer Wohnung. Das Ergebnis gilt dann für alle gleichen Wohnungen, also für alle Dreiraum oder Zweiraum-Wohnungen, des Hauses. Hat eine Neuermittlung der Wohnfläche stattgefunden (was der Vermieter zu belegen hat), dann hat er künftig die Betriebskosten, die nach der neuermittelten Wohnfläche umzulegen sind, darauf zu begründen. Das darf aber nicht rückwirkend geschehen. Die Veränderung wirkt dann immer erst für das nächste Abrechnungsjahr. Das bedingt aber nicht eine Erhöhunggleich bleibender Betriebskosten je Quadratmeter. Die Kosten je Quadratmeter sinken, weil sie sich auf eine größere Fläche verteilen. Die vorherrschende Rechtsprechung geht davon aus, dass geringfügige Veränderungen der Wohnfläche, wie infolge von Instandsetzungs- und/oder Modernisierungsmaßnahmen, nicht zu Mieterhöhungen berechtigen. Und schon gar nicht bloße Neuberechnungen, ohne dass eine tatsächliche Vergrößerung der Wohnflächen nach Baumaßnahmen stattgefunden hat. Nur bis zum 10. Juni 1995 hatten Vermieter noch das Recht, Ergebnisse einer Neuberechnung der Wohnflächen, mittels einseitiger Erklärung gegenüber den Mietern geltend zu machen und eine entsprechende Mieterhöhung zu fordern. Seitdem sind Mieterhöhungen bei geringfügigen Vergrößerungen der Wohnfläche mittels einseitiger Vermieter-Erklärung nicht mehr zulässig und durchsetzbar. Vermieter können nur versuchen, mit den Mietern eine einvernehmliche Übereinkunft zu treffen und den Mietvertrag bezüglich der etwas größeren Wohnfläche zu ändern (§557, Abs. 1 BGB). Aber kein Mieter muss dem zustimmen. Vergrößert sich die Wohnfläche nach Baumaßnahmen aber erheblich (in einem Gerichtsfall ging es um 20 Quadratmeter), sind Mieter aus den Grundsätzen von »Treu und Glauben« zur Vertragsänderung verpflichtet. Noch ein Wort zu der Entscheidung des OLG Dresden: Dies trifft auf den Sachverhalt, wie von der Leserin geschildert, überhaupt nicht zu. In Dresden ging es darum, dass in einem neuen Mietvertrag die Wohnfläche nicht genau mit Quadratmetern sondern als »ca. Quadratmeter« angegeben wurde. Später stellte der Mieter fest, dass seine Wohnfläche um mehrere Quadratmeter geringer ist. In diesem Zusammenhang kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Wohnfläche nicht genau und nicht verbindlich und die Miethöhe auch nicht nach Quadratmetern berechnet und vereinbart worden ist. Nur bei größeren Abweichungen, wenn die Wohnfläche etwa 10 Prozent geringer ist, haben Mieter einen durchsetzungsfähigen Anspruch auf Änderung des Mietvertrages und Herabsetung der Miete sowie ggfs. auf Mietrückzahlung. Alle Mietverträge, die auf Quadratmetermiete lauten, alte wie auch neue, können in keiner Weise mit der Dresdner Entscheidung in Verbindung gebracht werden. Dennoch, beim Neuabschluss eines Mietvertrages sollten sich Mieter davor hüten, einer »ca. Wohnfläche« zuzustimmen. Es ist besser die genaue Wohnfläche im Mietvertrag zu bezeichnen. Zusammengefasst: In einem solchen Fall, wie er hier geschildert wird, haben Vermieter keinen durchsetzungsfähigen Anspruch auf Änderung des Mietvertrages und auf dementsprechend höhere Miete. Sie hätten ja berechtigte Korrekturen während der Geltung der dama...

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