Dr. Graf will nur noch Herr sein
CDU-Fraktionschef beantragte nach Plagiatsvorwürfen Aberkennung des Titels
Die Flucht nach vorn hat nach Plagiatsvorwürfen CDU-Fraktionschef Dr. Florian Graf angetreten. Er beantragte die Entziehung des Doktortitels, wie am Freitagabend die Universität Potsdam bestätigte. Offenbar genießt Graf, der in einer persönlichen Erklärung »alle diejenigen, die ich enttäuscht habe«, um Verzeihung bat, noch das Vertrauen von führenden Politikern seiner Partei.
So lobte der CDU-Landesvorsitzende Frank Henkel laut Medienberichten nicht nur einen »schnellen und konsequenten Schritt« von Graf. Er nannte ihn einen »ausgezeichneten Fraktionsvorsitzenden, der meine volle Unterstützung genießt«. Damit sei die Debatte beendet. Auch die Stellvertreter des Fraktionsvorsitzenden gaben für ihn Ehrenerklärungen ab. Graf ist zudem Kreischef der CDU von Tempelhof-Schöneberg.
Der 38-jährige Verwaltungswirt Graf war bisher eine sichere Bank für seinen Parteivorsitzenden. Mit der Formierung der rot-schwarzen Koalition gewährleistete der CDU-Fraktionschef gemeinsam mit seinem sozialdemokratischen Amtskollegen Raed Saleh deren bislang fast geräuschloses Funktionieren.
An der Universität Potsdam hatte Florian Graf als externer Doktorand im Jahr 2010 promoviert. Eine Entscheidung des Promotionsausschusses der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät über seinen Antrag wurde für den 2. Mai angekündigt. Einen Tag darauf will Graf seiner Fraktion auf einer Sondersitzung die Vertrauensfrage und sich einer geheimen Abstimmung stellen.
In seiner am Freitagabend verbreiteten persönlichen Erklärung hatte Florian Graf eingeräumt, dass er »den an mich selbst gestellten Ansprüchen im Hinblick auf ein Standhalten meiner Dissertation in der Öffentlichkeit nicht gerecht geworden« sei. Insbesondere habe er im Nachhinein feststellen müssen, »dass ich an einigen Stellen wissenschaftlich nicht fehlerfrei gearbeitet habe«. Eine Publikation in einer Fachzeitschrift wurde von ihm zurückgezogen. Die Dissertation, die verlegt werden sollte, soll nicht vertrieben werden.
Zuvor waren laut der Universität Potsdam »Zweifel an der wissenschaftlichen Qualität der Dissertation aufgekommen«. Dekanin Prof. Dr. Theresa Wobbe habe eine Prüfung veranlasst, wobei sich ein »Plagiatsverdacht« ergeben habe, »zu dem Dr. Graf um Stellungnahme gebeten wurde«.
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