Nazis kamen nicht weit
Bürger zahlreicher Städte wehrten sich gegen rechtsextreme Demonstrationen
Berlin (nd-Drescher/Agenturen) Bonn, Neumünster, Weimar, Hof, Neubrandenburg ... Nachdem Nazis in den letzten Jahren damit scheiterten am 1. Mai Großdemonstrationen zu veranstalten, veränderten sie in diesem Jahr ihre Strategie und setzten auf dezentrale Veranstaltungen. Der Protest wurde dadurch aber nicht weniger. Überall, wo Nazis am Dienstag Kundgebungen und Demonstrationen durchführten, wurden diese von Protest begleitet. In Weimar scheiterten die 250 angereisten Nazis gar an sich selbst. Die Polizei löste eine Kundgebung auf, weil die Rechten die geforderte Anzahl von Ordnern nicht zusammen bekamen - die Mehrzahl der benannten Ordner war einschlägig vorbestraft und deshalb ungeeignet.
In Neumünster nahm die Polizei rund 100 Teilnehmer eines NPD-Aufmarsches in Gewahrsam. Die Rechtsextremisten hätten versucht, über eine nicht angemeldete Route zu ihrem Kundgebungsort zu gelangen. Dabei entrollten sie Transparente, was nach Einschätzung der Polizei ein Verstoß gegen die behördlichen Auflagen darstellte.
Die Polizei löste daraufhin den Marsch offiziell auf und verlangte von den Teilnehmern, zum Bahnhof Neumünster Süd zurückzukehren. Als diese sich weigerten und darauf bestanden, noch eine Kundgebung abzuhalten, nahmen die Beamten sie in Gewahrsam, um die Personalien festzustellen. Unter den Rechtsextremisten war auch der Fraktionsvorsitzende der NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs. Im Stadtgebiet demonstrierten rund 2000 Menschen gegen die Nazis.
Im oberfränkischen Hof demonstrierten nach Polizeiangaben 2500 Menschen friedlich gegen einen Aufmarsch von rund 400 Neonazis. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte in seinem Grußwort, Sprachlosigkeit der Demokraten sei der größte Feind der Demokratie. Antisemitismus und Rassismus seien »Angriffe gegen unsere Zivilisation, gegen unsere Werte und gegen den gesellschaftlichen Zusammenhalt.«
Bei einer multireligiösen Andacht forderten Vertreter der beiden christlichen Kirchen, der israelitischen Kultusgemeinde und der muslimischen Gemeinschaft zu mehr Toleranz und Humanität auf.
In Bonn nahmen rund 10 000 Bürger an Kundgebungen, Mahnwachen, Schüleraktionen und Gottesdiensten gegen einen Aufmarsch von etwa 200 Neonazis teil. »Wir sind froh, dass wir uns durchweg friedlich quer gegen die Nazis gestellt haben», sagte Susanne Rohde vom Bündnis »Bonn stellt sich quer« dem Evangelischen Pressedienst. Das Bündnis kritisierte jedoch, dass die Polizei friedliche Sitzblockaden mit Pfefferspray und Knüppeln unterbunden habe.
Insgesamt fanden gestern etwa 30 Gegenveranstaltungen statt.
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