Kommt nach Hause zurück!
Heimkehrrufe an Millionen polnische Emigranten
Die polnische Regierung und die katholische Kirchenhierarchie haben ein gemeinsames Anliegen. Beide fordern: Die Emigranten, die seit dem EU-Beitritt 2004 und infolge der Freigabe aller Arbeitsmärkte seit 2011 verstärkt in westeuropäischen Ländern arbeiten, sollen doch bitte zurückkommen. Man brauche sie, um Polen zu entwickeln und die Nation demografisch zu stärken. Drei »Nationale Programme zur Heimkehr« gab es bereits - zuerst vom damaligen Premier Jaroslaw Ka᠆czynski formuliert, dann zwei Mal von seinem Nachfolger Donald Tusk wiederholt.
Die Kirchenangehörigen sind ebenso patriotisch gesinnt. Sie meinen, ihre frommen Pfarrkinder würden im gottlosen Ausland moralisch verkommen, haben dabei aber auch eine andere Motivation: Weniger Gläubige in den Pfarrgemeinden heißt weniger Einnahmen bei den Sonntagsspenden und der Erteilung der Sakramente.
Wer die polnischen Emigranten zur Rückkehr bewegen wolle - aus welchen Gründen auch immer - handele unverantwortlich, schrieb neulich Maciej Mikolajczyk in »NIE«. Man könne sich vorstellen, was wäre, wenn die Emigranten den Heimkehrrufen folgen würden. Die Zahl der Arbeitslosen würde sich verdoppeln. Nach Daten des Hauptamtes für Statistik gibt es im Westen (die USA nicht eingerechnet) 2,2 Millionen polnische Emigranten, das sind 40 000 mehr als es derzeit Arbeitslose in Polen gibt.
Gott sei Dank, dass die polnischen Emigranten - die in Irland die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe stellen, in Großbritannien die viertgrößte - realistisch denken. Käme auch nur die Hälfte von ihnen zurück, würden die monatlichen Ausgaben für Arbeitslosenhilfe um etwa 600 Millionen Euro steigen, die für Sozialhilfe um eine Milliarde Euro im Jahr. Außerdem bliebe der Geldtransfer an die daheimgebliebenen Familien aus, (der etwa 4,2 Milliarden Euro beträgt), der Konsum würde zurückgehen, die Steuerabgaben sänken. Wie sich die steigende soziale Unmut auswirken würde, steht auf einem anderen Blatt.
Die Rufe an die Emigranten, in die Heimat zurückzukommen, weil sie gebraucht würden, zeugt eindeutig davon, wie wirklichkeitsfremd die Regierenden sind. Derweil haben sie sich im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung ein neues Projekt vorgenommen - die Rente mit 67. In 20 Jahren werde es in Polen an Arbeitskräfte mangeln, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit sei daher unvermeidbar, heißt es.
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