Lange Nase
Kommentar von Christian Klemm
Es fällt schwer, den Überblick über die Auslandseinsätze der Bundeswehr zu behalten. Von Afghanistan über das Mittelmeer bis nach Kosovo, überall dort »engagieren« sich deutsche Soldaten. So auch vor der Küste Somalias, das seit mehr als 20 Jahren als Staat gescheitert ist. Dort kreuzt die deutsche Marine schon im fünften Jahr, um die Handelswege zu sichern. Soldaten mit eindeutig wirtschaftspolitischem Auftrag - ganz so, wie Altbundespräsident Horst Köhler es ausgeplaudert hatte. Der Bundestag segnete gestern die Erweiterung der »Atalanta«-Mission ab. Jetzt dürfen auch Stützpunkte somalischer Piraten bis 2000 Meter an Land aus der Luft angegriffen werden.
Ob das neue Mandat einen Sinn ergibt, darf bezweifelt werden. Denn die somalischen Seeräuber könnten ihre Materiallager einfach 3000 Meter ins Landesinnere verlegen - und den vorbeifliegenden Hubschraubern eine lange Nase zeigen. Gleichzeitig werden auch Zivilisten zwangsläufig ins Kreuzfeuer geraten. Schließlich leben und arbeiten auch Menschen in Küstennähe oder direkt am Meer, die mit der Seeräuberei nichts am Hut haben. Und überhaupt, Somalia hat weder neue Missionen noch ausländische Soldaten nötig. Das ging schon einmal schief. Viel mehr als Kampfhubschrauber und Kanonenboote braucht das Bürgerkriegsland einen nachhaltigen Waffenstillstand zwischen den sich bekriegenden Clans und eine bessere zivile Infrastruktur. Wie man beides befördern kann, darüber sollte die schwarz-gelbe Bundesregierung mal nachdenken.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.