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Schuld und Sühne

Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft will Konsequenzen aus dem BER-Debakel ziehen

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine Woche nach Bekanntwerden der Flughafenpleite dürfte es morgen spannend werden. Der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft (FBB) berät über die Konsequenzen aus dem Debakel, die zeitlichen und personellen. Es geht um den neuen Eröffnungstermin für den BER-Airport und darum, ob Köpfe rollen. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, schloss Letzteres gestern nicht aus. »Konsequenzen sind aber erst dann zu ziehen, wenn man weiß, wer schuld ist.« Ähnlich hatte sich bereits am Wochenende Klaus Wowereit (SPD), Regierender Bürgermeister und Aufsichtsratschef, geäußert.

Derzeit konzentriert sich die Schuldfrage laut Medienberichten offenbar auf den technischen Geschäftsführer der FBB, Manfred Körtgen. Das Vertrauen in ihn sei erschüttert, weil er trotz aller Probleme die Eröffnung im Juni für machbar gehalten habe. Keine Rolle bei der Entscheidung dürfte die Doktorarbeit Körtgens spielen, für die er derzeit jede Menge Häme erntet. Denn die hat er neben seinem Airport-Job geschrieben und im April 2010 an der Uni Kassel verteidigt. Thema: Komplexe Bauvorhaben. Kurze Zeit später musste die Eröffnung des Flughafens zum ersten Mal verschoben werden.

Die Grünen forderten gestern, dass die politisch Verantwortlichen für das Debakel sich nicht aus der Pflicht stehlen dürften. »Es kann nicht sein, dass es wieder nur zu einem Bauernopfer kommt«, so die Fraktionsvorsitzende Ramona Pop. Nach Ansicht des Bürgervereins Brandenburg-Berlin (BVB) haben »sowohl Geschäftsführung als auch Aufsichtsrat als Ganzes komplett versagt«.

Unterdessen hat das Architekturbüro gmp (Gerkan, Marg und Partner) Vorwürfe schlechter Planung und Bauleitung zurückgewiesen. An Spekulationen über die Gründe für die kurzfristig geplatzte Eröffnung beteilige man sich nicht, sagte ein Sprecher des Büros. Man trage die Terminverschiebung mit. Das Unternehmen habe aber seine Verpflichtungen uneingeschränkt erfüllt. Die Flughafengesellschaft hatte gmp vorgeworfen, zu spät darauf hingewiesen zu haben, dass der Eröffnungstermin nicht mehr zu halten ist. Das Architekturbüro hatte den Flughafen entworfen und nach der Pleite eines Planungsbüros 2010 auch einen Teil der Bauleitung übernommen.

Als neuer Eröffnungstermin scheint alles auf den 28. Oktober hinauszulaufen. Eine Eröffnung schon im August, wie sie Wowereit und Platzeck gefordert hatten, dürfte Wunschdenken bleiben. Besonders die Fluggesellschaften setzen auf den Termin im Oktober, weil da auch der Wechsel vom Sommer- zum Winterflugplan erfolgt. Geschätzt wird, das jeder Monat Verzögerung die Flughafengesellschaft wenigstens 15 Millionen Euro kosten wird. Fluggesellschaften und auch die Deutsche Bahn, die Leerzüge zur Belüftung des unterirdischen Flughafens fahren lassen muss, wollen Schadenersatz verlangen.

Leidtragende der Terminverschiebung werden die Anwohner von Tegel sein. Sie müssen nicht nur den Fluglärm länger ertragen, sondern sich auch noch auf mehr Flüge einstellen. Denn sowohl Air Berlin als auch Lufthansa wollen ihr für den neuen Flughafen geplantes Programm nun von Tegel abwickeln, was bis zu Flüge pro Woche mehr bedeuten würde. Beide Airlines fordern deshalb, die Nachtflugbeschränkungen, die derzeit von 23 bis 6 Uhr gelten, um zwei Stunden zu verkürzen. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) appellierte an die Politik, nicht zuzulassen, dass die Anwohner für die Folgen der Flughafenpanne büßen müssten.

Der neue Flughafen bleibt auch ein Fall für die Gerichte. Am 3. und 4. Juli will das Bundesverwaltungsgericht über die Klagen von Anwohnern verhandeln, die sich bei den Flugrouten getäuscht sehen. Auch die Gemeinde Kleinmachnow ist unter den Klägern. Sie wollen den Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen kippen, weil darin andere Flugrouten verzeichnet sind als nun festgelegt.

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