Ordnung und Chaos

Die Kleine Galerie im Kiez-Klub RuDi präsentiert Kunst aus Thüringen

  • Hajo Obuchoff
  • Lesedauer: 3 Min.

Man kann es drehen und wenden, wie man will. Egal ob geografisch oder nach Gewichtsverteilung ermittelt, die Mitte Deutschlands liegt stets nahe bei Mühlhausen. Der dort ansässige Kunstverein hat sich kürzlich auf den Weg nach Berlin gemacht - sozusagen von der Mitte zum Zentrum der Macht des Landes. In der Kleine Galerie an der Corinthstraße in Friedrichshain ist bis zum 6. Juni noch das Kunstprojekt »Kopplung« zu bestaunen.

Was hat es auf sich mit dieser Ausstellung, die sich einen eher technischen Begriff zum Thema macht? Der Besucher der die Galerie in dem für seine rege Ausstellungspraxis bekannten Kultur- und Nachbarschaftszentrum RuDi betritt, erkennt beim ersten flüchtigen Blick eine Mischung aus Fotos, Gemälden und Skulpturen.

In der zweiten Etage hört er plötzlich Klänge, die eine eigene Atmosphäre zwischen Bildern und Keramikarbeiten schaffen. Die Geräusche, von kleinen in Keramikkkuben verborgenen Lautsprechern ausgesandt und begleitet von farbigem Licht, stimmen ruhig. Kopplungen heißt, dass sich Künstler aneinander koppeln, um so zu neuer Qualität zu finden. »Die Mitglieder unseres Vereins verbinden sich für eine bestimmte Zeit mit einem künstlerischen Partner und schaffen gemeinsam ein Kunstwerk, das den eigenen künstlerischen Rahmen überschreitet«, sagt Uli Eifler, der als Filmemacher und Fotograf einer von insgesamt etwa 40 Künstlern des Vereins ist, und hier neben Porträtfotos eine Musik-Video- und Toncollage gemeinsam mit Nico Wieditz präsentiert.

Seit nunmehr über 20 Jahren gibt es den Verein Kunstwestthüringer aus Mühlhausen. Damit ist er der wohl einzige derartige Verein, der in Thüringen eine solche Kontinuität und öffentlichen Wirksamkeit erreicht hat. In dieser Zeit jedenfalls wurden mehr als 150 Ausstellungen, über 30 Symposien und Kunstprojekte realisiert. Das größte und aufwendigste war das Kunstprojekt zu Ehren von Johann August Röbling, dem genialen Erbauer der Brooklyn Bridge in New York, der vor 200 Jahre in Mühlhausen geboren wurde.

Unter dem Motto »Verbindungen« waren daran 205 Künstler aus dreißig Ländern mit 330 Arbeiten beteiligt.

Im RuDi sind 22 Künstler aus verschiedenen Regionen Deutschlands vertreten, die elf Projekte und etwa 45 Einzelarbeiten ausstellen. Die anfangs geschilderte Installation von Klängen (Steven Taylor), Keramik (Susanne Worschech) und Bildern (Siegfried Böhning) »Imagination« hat die Balance von Ordnung und Chaos, Beständigkeit und Veränderung, zum Grundmotiv. Kunst vom Mittelpunkt Deutschlands. Selbst solch ein scheinbar fester Bezugspunkt ist keine Konstante. Immerhin rühmte sich 100 Jahre zuvor Spremberg in der Lausitz als Mittelpunkt Deutschlands. Werden und Vergehen, Ordnung und Chaos - wo, wenn nicht in Berlin, versteht man gerade diese Problematik gut.

Bis 6. Juni, Die kleine Galerie, Modersohnstraße 55, 10245 Berlin

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