Nepals »Träume« erneut geplatzt
Vorerst keine neue Verfassung/ Premier sieht als Option nur Wahlen
Der diesjährige Tag der Republik in Nepal stand jedoch unter keinem guten Stern: Der neue Verfassungstext liegt nicht vor und Premier Baburam Bhattarai musste Neuwahlen für den 22. November verkünden. Ungewissheit beherrscht die politische Landschaft.
Die Parteien des Landes treffen Absprachen. Und halten sich nicht daran. Sie machen Versprechungen. Und halten sie nicht ein. Sie verbünden sich. Und trennen sich über Nacht wieder. Vier Jahre zerrten und zankten sie sich, eine neue Verfassung zu Papier zu bringen. Viermal musste deshalb die Legislaturperiode der CA verlängert werden, bis im November vorigen Jahres der höchste Gerichtshof ein Machtwort sprach und eine nochmalige Ausdehnung der Frist nach dem 27. Mai 2012 ausschloss. Bis dahin sollte der Verfassungsentwurf endgültig vorliegen.
Zwischenzeitlich sah es so aus, als ob die vier politischen Hauptparteien - die Vereinte KP Nepals (Maoistisch), die KPN (Vereinte Marxisten und Leninisten), der bürgerliche Nepali Congress und die Allianz der Madhesi-Parteien - unter dem Zeitdruck schließlich zu Stuhle kommen würden. Doch der Schein trog. In ein paar Punkten gab es zwar Kompromisse, aber an der Struktur des künftigen Bundesstaates scheiterte das Verfassungsprojekt.
Maoisten und Madhesis wollten mindestens zehn klar definierte Provinzen. Die anderen beiden Parteien stimmten einer föderalen Struktur jedoch nur im Prinzip zu, ohne sich festzulegen. Derweil demonstrierte die Bevölkerung bis zum Sonntag für die pünktliche Fertigstellung des Grundgesetzes. Aber auch der Druck der Straße verpuffte wirkungslos.
Um Mitternacht vom Sonntag zu Montag lief die Frist für die Vorlage des Verfassungstextes ab. Die Politiker erzielten keine Einigung. So blieb dem Regierungschef nur noch, die Auflösung der CA bekannt zu geben und Neuwahlen für den 22. November anzusetzen.
Bhattarai erklärte am Montag in einer Botschaft zum Nationalfeiertag: »Wir haben keine andere Option, als vor das Volk zu treten und eine neue Versammlung zu wählen, um die Verfassung zu vollenden.« Vor Journalisten machte er später Kräfte des alten Regimes und jene, die am Status quo festhalten wollen, für das Scheitern verantwortlich. Sie hätten das Bemühen um eine fortschrittliche Verfassung nicht unterstützt. Staatspräsident Ram Baran Yadav betonte in seiner Grußbotschaft: »Unsere Träume, ein prosperierendes, friedliches und demokratisches Nepal aufzubauen, sind erneut geplatzt.« Das Volk solle dennoch die Gefühle von Brüderlichkeit und gegenseitigem gutem Willen bewahren.
Bei den politischen Opponenten, die teilweise noch vorige Woche mit in der ersten Regierung der nationalen Einheit saßen, stieß Bhattarais Entscheidung auf Ablehnung. Diese sei »verfassungswidrig« und ohnehin sei die Legitimität des Premiers Sonntagnacht abgelaufen. Er und seine Partei KPN(Maoistisch) hätten die Bevölkerung nur hingehalten und sich nicht ernsthaft für ein neues Grundgesetz engagiert. Als Alternative forderten sie vom Staatschef, eine andere Regierung der nationalen Einheit zu bilden.
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