Keine Zukunft für Nazis
In Hamburg soll ein Aufmarsch blockiert werden
Der mit lächerlichem Pathos aufgeladene Aufruf der Neonazis zu ihrem »Tag der deutschen Zukunft« hört sich an wie eine NS-Durchhalteparole während der Kesselschlacht von Stalingrad: Die »junge nationale Opposition« soll sich »nicht willenlos und kampflos ergeben«, fordern Thomas Wulff und Christian Worch, seit Jahrzehnten Identifikationsfiguren der braunen Kameraden in Hamburg. Um sich für den nach Ansicht der Nazis bedrohten »Fortbestand des deutschen Volkes« einzusetzen und gegen den »Multikulti-Terror« der »etablierten Einheitsparteien« zu protestieren, werden sich, nach Schätzungen der Polizei, Samstagmorgen etwa 1000 Neonazis auf den Weg in die Hansestadt machen.
Nach zähem Ringen mit der Innenbehörde und vor dem Hamburger Verwaltungsgericht ist morgen die Straße frei für den Naziaufzug. Ihre Wunschmarschroute durch die Innenstadt, alternativ durch Altona, hatte die Polizei abgelehnt und nur eine stationäre Versammlung auf einer Kreuzung in Wandsbek, einem traditionellen Arbeiterbezirk, zugelassen. Dagegen ging der Anmelder, das NPD-Mitglied Thorsten Schuster - bei ihm wurde vor zwei Tagen eine Hausdurchsuchung im Rahmen von Ermittlungen wegen Volksverhetzungen durchgeführt - juristisch vor. Am Mittwoch vergangener Woche bekam er eine etwa vier Kilometer lange Route für einen Marsch durch Wandsbek genehmigt. Die Demonstration wird nun unter strengen Auflagen, beispielsweise dem Verbot des Tragens von Uniformteilen, hermetisch abgeschirmt von einem massiven Aufgebot von Polizeikräften stattfinden. Gewaltexzesse, wie es sie beim Naziaufmarsch am 1. Mai 2008 gegeben hatte, »werden wir zu verhindern wissen«, sagte ein Polizeisprecher. Vorsichtshalber werden die meisten Geschäfte entlang der Route geschlossen sein.
Die Nazigegner in der Hansestadt bereiten sich seit Monaten intensiv vor. Der Aufruf des Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR), »Nazis stoppen! Internationale Solidarität statt völkischer Wahn« wurde von mehr als 200 Organisationen und Initiativen unterschrieben. Während der Mobilisierungsphase gab es neben mehr als 50 Informationsveranstaltungen auch Blockadetrainings. Denn nachdem das HBgR wie auch die LINKE vergeblich ein Verbot des Nazimarsches gefordert hatten, haben sich die organisierten Antifaschisten, aber auch viele Bürger der Stadt vorgenommen, ihn auf eigene Faust zu verhindern.
Das HBgR rechnet mit 10 000 Teilnehmern an seinen geplanten Aktionen. Bevor es nach Wandsbek geht, gibt es um 9.30 Uhr eine Demonstration in der Hamburger Innenstadt vom Gerhart-Hauptmann-Platz zum Gänsemarkt. Dort wird die LINKE-Bürgerschaftsfraktion ab 10 Uhr zusammen mit den sieben Bezirksfraktionen eine öffentliche Sitzung abhalten. Auch die LINKE will sich nicht mit Protesten begnügen, sondern ermutigt alle Nazigegner, sich an gewaltfreien konfrontativen Aktionen zu beteiligen, wie Landessprecher Bela Rogalla erklärte: »Wir wollen Zivilcourage zeigen und mit öffentlichen Sitzblockaden zivilen Ungehorsam leisten, damit wir den Naziaufmarsch in Hamburg gemeinsam verhindern.«
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