Fürst Toma von Serbien

Tomislav Nikolic als Präsident vereidigt

  • Zoran Sergievski
  • Lesedauer: 2 Min.
Tomislav Nikolic, Chef der serbischen Fortschrittspartei (SNS), ist seit Donnerstag offiziell Serbiens neuer Präsident. »Ich möchte ein Serbien, das Mitglied der Europäischen Union ist und niemals auf seine territoriale Integrität verzichtet - Kosovo eingeschlossen«, sagte der 60-Jährige vor dem Parlament. Aus westlicher Sicht schließt eines das andere jedoch aus.

Als Nikolic am 20. Mai den bisherigen Amtsinhaber Boris Tadic mit 49,8 Prozent der Stimmen vom Thron stieß, war das Geschrei groß. Am Abend fuhren Autokolonnen mit »Toma, Toma!«-Sprechchören, Nationalflaggen und Nikolic-Porträts durch Belgrads Straßen. Wie nach einem Lokalderby. Tito wäre neidisch gewesen. Milosevic auch.

Serbische Medien machten die Wahl zur historischen Wende. Die in Deutschland erscheinende Gastarbeiterzeitung »Vesti« (Nachrichten) machte gar einen unfreiwillig witzigen Vergleich. In der Person Nikolics sei nach Fürst Milos (Milos Obrenovic herrschte 1783-1860) endlich wieder einmal ein »Einheimischer« an der Staatsspitze. (Tadic wurde im heute bosnischen Sarajevo geboren). Obrenovic gilt Historikern als Opportunist gegenüber den Osmanen. Vermutet wird, dass er den führenden serbischen Unabhängigkeitskämpfer Djordje Petrovic 1817 ermorden ließ. Petrovic hatte 1804-1813 den ersten Serbischen Aufstand angeführt und damit die 300-jährige osmanische Hegemonie gebrochen. Jedenfalls hat keine Regierung seit 1991 (erst recht nicht seit 2000) Petrovic das Wasser reichen können.

Und wie reagierte die Welt auf die Wahl? Seit 1991 gehegte antiserbische Ressentiments, die tief in den Hirnen der Kolumnisten sitzen, wurden wieder hervorgewürgt. Wird sich der »ehemalige Ultranationalist« auch brav an westliche Werte halten? Keine Panik, er wird! Denn Nikolic ging es immer nur um Macht. Der einstige jugoslawische Vizepremier sah keine Zukunft mehr für seine politische Heimat, die kleinbürgerlich-nationalistische Serbische Radikale Partei. Eben deshalb gründete Nikolic, wie er selbst immer wieder betont, 2008 die SNS. Und für die Macht steuert der ehemalige Antieuropäer Belgrad nun nach Brüssel. Selbst um den Preis der einst so heiß geliebten, illegal separierten Provinz Kosovo.

Eine Koalition aus SNS, Demokratischer Partei und Sozialisten-Bündnis (SPS) unter einem Premier Boris Tadic scheint übrigens immer wahrscheinlicher. Zusammen hätten die drei »Großen« eine bequeme Mehrheit. Aber auch eine Minderheitsregierung aus SNS, SPS und Konservativen wäre rechnerisch möglich. Da könnte Nikolics Zögling, der 42-jährige Aleksandar Vucic, als Premier ins Spiel gebracht werden. Nikolic wird den SNS-Fraktionschef bald mit der Regierungsbildung betrauen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.