Die Jahrhundert-Röhre
Der geplante Brenner-Basistunnel durch die Alpen wird nun wohl auch in Bayern für Ärger sorgen
Berlin/München (dpa/nd). Nach jahrelanger Kritik aus Österreich soll nun die Vorbereitung auf den geplanten Brenner-Basistunnel auf deutscher Seite beginnen: Am 15. Juni will Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) mit seiner österreichischen Amtskollegin Doris Bures in Rosenheim eine Vereinbarung zum sogenannten Brenner-Nordzulauf unterzeichnen. Das sagte eine Sprecherin Ramsauers in Berlin auf Anfrage. Damit würde dann in Deutschland zumindest die Vorbereitung der Planung beginnen - während in Italien und Österreich die Hauptbauphase 2001 bereits offiziell eröffnet wurde.
Täglicher Lkw-Albtraum
Der Brenner-Basistunnel ist nicht nur eines der größten, sondern auch eines der teuersten Verkehrsprojekte der Welt: Der eigentliche Tunnel soll acht Milliarden Euro kosten und mit 64 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt werden. Die geplante deutsche Zulaufstrecke ist ebenfalls ein Großprojekt: Vorläufigen Schätzungen des Bundesverkehrsministeriums zufolge würde der Streckenausbau München-Rosenheim-Kiefersfelden 2,6 Milliarden Euro kosten.
Die Fertigstellung des Basistunnels liegt noch in weiter Ferne: Eigentlich war das Jahr 2025 für die Eröffnung angepeilt, doch inzwischen geht die österreichische Eisenbahn ÖBB davon aus, dass der Tunnel erst 2032 in Betrieb geht. Das Ziel: den Bahnverkehr über die Alpen beschleunigen und zu erleichtern und die beiden Hälften Tirols nord- und südlich der österreichisch-italienischen Grenze vom täglichen Lkw-Albtraum entlasten. Doch ohne deutsche Hilfe wird das nicht funktionieren. Denn wenn auf deutscher Seite die jetzt schon überlastete Bahnstrecke nicht ausgebaut wird, wird dieses Nadelöhr auch die Kapazität des eigentlichen Brenner-Basistunnels begrenzen. Deswegen haben sich österreichische Politiker in den vergangenen Jahren immer wieder beschwert, weil auf deutscher Seite nichts voranging.
Heute braucht ein Personenzug für den 425 Kilometer weiten Katzensprung von München nach Verona sechseinhalb Stunden - ein Güterzug noch viel länger. Wenn der Tunnel eines fernen Tages einmal in Betrieb geht, soll sich die Fahrzeit um mehr als die Hälfte verkürzen.
Die Unterzeichnung der deutsch-österreichischen Vereinbarung bedeutet nicht, dass damit auf deutscher Seite sofort die Planung der Trasse beginnen würde - lediglich die Vorbereitung der Trassenplanung wird starten. Fest vorgesehen ist die Abstimmung mit den Österreichern und die Beteiligung der Bevölkerung. Das wird für Deutsche Bahn und Bayerns Staatsregierung keine ungetrübte Freude bedeuten, obwohl sie schon lange auf einen Ausbau der Strecke drängen: Denn wenn die Planung der Trasse konkret wird, ist Ärger programmiert.
Gegen oberirdische Gleise
Das bayerische Inntal ist dicht besiedelt. Die Staatsregierung wolle sich deswegen bei der DB Netz dafür einsetzen, die betroffenen Gemeinden so früh wie möglich in die Diskussion der möglichen Trassenvarianten einzubeziehen, sagt Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Die CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig rebellierte vorbeugend schon 2011 gegen neue oberirdische Gleise im Inntal.
Und auch auf österreichisch-italienischer Seite läuft der Bau des Tunnels keineswegs problemlos, wie die immer wieder neuen Verzögerungen belegen. Eigentlich hätten Ramsauer und Bures ihre Vereinbarung schon im Januar unterzeichnen sollen - doch das klappte wegen der schwierigen Haushaltsverhandlungen in Österreich nicht. Anfang April beschloss die Wiener Bundesregierung dann ein milliardenschweres Sparpaket, von dem auch der Brenner-Basistunnel betroffen ist - voraussichtlich mit einem dreistelligen Millionenbetrag.
Ohnehin ist ungewiss, ob sich für die verkehrs- und lärmgeplagten Bewohner von Inn- und Eisacktal die in den Tunnel gesetzten Hoffnungen jemals erfüllen. Denn die EU verbietet es ihren Mitgliedstaaten aus Gründen des freien Wettbewerbs, den Lkw-Verkehr zu begrenzen.
In Nordtirol ist die Landesregierung schon viele Male mit dem Versuch gescheitert, den Lkw-Verkehr auf der Brenner-Autobahn einzuschränken. Deswegen ist auch ungewiss, ob die erhoffte Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene tatsächlich funktionieren wird.
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