Für Claus Peymann

  • Lesedauer: 2 Min.
Für Claus Peymann

Der Mann gilt gern als gefährlich. Er schießt quer, wo er nur kann. Man kann in früherer Zeit immer mehr, als man später noch kann. So geht die Zeit mit uns um. Nicht sie vergeht, wir gehen. Der Mann da aber schießt weiter, als sei nichts geschehen. Oder noch nicht genug. Nie geschieht genug, um das zu verhindern, was mit der Welt passiert. Deshalb wurde das Theater erfunden: Man darf dort mit dem, was geschehen müsste an Großtaten, groß aufspielen. Mit der ganzen Niedrigkeit der Gattung ganz groß aufspielen. Sich selber groß aufspielen mit Weltverbesserungsplänen. Manchmal entsteht dabei großes Theater.

Der Bremer Claus Peymann, seit über zehn Jahren Intendant des Berliner Ensembles, hat großes Theater gemacht. Er macht immer großes Theater. Groß gemacht hat er Stuttgart, Bochum, und wieder zu erregender Größe kam, durch ihn, das Wiener Burgtheater. Er gründete die Berliner Schaubühne mit. War Hauptregisseur von Thomas Bernhard. Auch von Peter Handke. Ist der wahrscheinlich beste, feurigste, anstrengendste deutsche Theaterdirektor geworden.

Das Theater ist keine Hand im Dunkel. Aber es weiß um die Notwendigkeit einer helfenden Hand. Für dieses Wissen hat Peymann stets seine Autorenliebe (Brasch, Jelinek, Turrini, Müller) ins Spiel geworfen, seinen Zorn, seine kindliche, kindische, kauzige, kernige Großmäuligkeit. Wer Haltung hat, greift an. Wer sie sich bewahrt, wird angreifbar - ist Don Quichote und muss, da also immerfort Kampf angesagt ist, auch ertragen, dass Rüstungen zu klappern beginnen. Claus Peymann ist eine Art Fall-Studie. Er sagt, was der Fall ist. Er fällt auf. Er kennt sich aus in Fallhöhen. Er will nicht gefallen, nein, er will in seiner Kratzbürstigkeit - geliebt werden, klarer Fall.

Er schießt, er braust auf und los, wie aus der Pistole geschossen. Wilder Kerl, einsamer Wolf. Aber rechts am Bildrand die biedere Zivilisation: die Mineralflasche, das Wasser wahrscheinlich still. Und typisch Regisseur: zielt auf die Bühne, wo die Schauspieler zu leben versuchen, und hält sich auch noch das Ohr zu. Als würde Theater wirklich wehtun. Es tut nicht weh, es kostet nur das Leben. Er kostet es aus, weiter und weiter.

Heute wird der große Gaukler und grundbesorgte Gewissenstheatermann Claus Peymann 75 Jahre alt. Hans-Dieter Schütt

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -