PDS-Stadtrat hat Ärger mit Ehrenamt

CDU wirft Niemann indirekt Vorteilsnahme vor

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Viel Wald und Wasser gibt es in der Gegend um Seilershof. Der Ort im brandenburgischen Landkreis Oberhavel ist ideal, um sich zu besinnen. Genau das brauchen die etwa 30 Berliner Jugendlichen, die im »Haus an der Polz« wohnen. Seit 1996 versucht hier eine Tochtergesellschaft des Vereins pad, die Drogenprobleme der 15- bis 18-Jährigen zu lösen. Jetzt könnte pad deswegen selbst Probleme bekommen. Ins Schussfeld der CDU geriet Heinrich Niemann, ehrenamtlicher Vereinschef seit 1994. Niemann ist zugleich PDS-Stadtrat für Stadtentwicklung- seit 1995 in Berlin-Hellersdorf, seit 2001 im Bezirk Marzahn-Hellersdorf. In dieser Funktion soll er einst eine Bürgschaft für den Kauf der Liegenschaft in Seilershof organisiert haben, so der Vorwurf, den die CDU indirekt in den Raum stellt. Gestern Abend wollte die CDU-Fraktion eine diesbezügliche Anfrage im Bezirksparlament (BVV) stellen. Das »Haus an der Polz« diente früher als Erholungsheim der Staatlichen Plankommission der DDR. Pad wollte es von der Treuhand kaufen und benötigte dafür eine Bürgschaft über 102000 Euro. Es bürgte die Mega AG, die das Zentrum »Helle Mitte« entwickelte und den Stadtpark Hellersdorf gestalten soll. Die Milliarden-Investition »Helle Mitte« fiel in den Zuständigkeitsbereich von Stadtrat Niemann. Seine Partei habe Hinweise erhalten, dass damals ein Deal erfolgte, erklärt CDU-Fraktionschef Paul Hofmann. »Wir wollen das klären.« Niemann selbst war gestern vor der BVV-Sitzung für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Er gab aber bereits eine Erklärung vor der PDS-Fraktion ab. Nach Angaben von Fraktionschef Klaus-Jürgen Dahler bestätigte Niemann dabei die Bürgschaft. Der Stadtrat verwies aber darauf, dass er keine Dienstpflichten verletzte und dass es keine Vorteilsnahme gegeben habe. »Die PDS-Fraktion weist die Vorwürfe zurück«, sagt Dahler. Derzeit macht die CDU auf 20 angebliche PDS-Skandale aufmerksam. Dabei poltert sie besonders gegen Niemann. In der Kritik steht zum Beispiel dessen Widerstand gegen den Unternehmer Heinz Bischoff, der Fassaden ihm gehörender Plattenbauten extrem bunt ausstaffiert. Dem PDS-Bürgermeister Uwe Klett kreidet die CDU 16 Millionen Euro bezirkliche Schulden an. Dahler fehlt dabei der Hinweis auf den von CDU-Politikern verursachten Bankenskandal. Für ihn ist die Anfrage zum Thema pad reiner Wahlkampf. Die CDU ändere damit den bisherigen Kurs der sachlichen Zusammenarbeit im Interesse der Bürger. Das will CDU-Fraktionschef Hofmann nicht gelten lassen. Die Anfrage sei »keine Hau-Ruck und Hau-Drauf-Aktion«. Es gehe auch nicht darum, die »ehrenwerte Arbeit« von pad zu diskreditieren. Das wiederum sieht pad-Geschäftsführer Wolfgang Drahs anders. »Frechheit«, meint er. Schließlich sei »alles mit rechten Dingen zugegangen«. Weil der Verein soziale Arbeit mache, habe die Treuhand seinerzeit einen »minimalen Preisnachlass« von etwa 15000 Euro gewährt. Jedoch bestand die Möglichkeit, dass ein Alteigentümer Ansprüche anmeldet und den geringeren Kaufpreis moniert. Deshalb die Bürgschaft. Die Summe sei »ein Witz«. Pad hätte im Prinzip selbst dafür geradestehen können, so Drahs. Das sei aus rechtlichen Gründen jedoch nicht möglich gewesen. Die 80 Mitarbeiter von pad e.V. betreuen täglich 200 suchtgefährdete Jugendliche und deren Eltern. Dazu gibt es 21 Projekte, darunter das Jugendhaus pad pur in Ahrensfelde, den Club S-Bahnzug in Hohenschönhausen, die Gruppe Ostkreuz in Lichtenberg oder die Kontaktstelle Suchtprävention in Strausberg. Der Verein wurde im Januar 1990 in Ostberlin gegründet.

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