Für 2,10 Euro gibt es Eintopf
Eltern fordern vom Senat mehr Qualität für das Schulessen
Meistens gibt es Nudeln oder Suppe, manchmal auch Fleisch. Das Schulessen in Berlin ist weit von einer ausgewogenen Ernährung entfernt. Der Grund für die einseitige Verpflegung ist der Preis. Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg liegt er pro Kind und Mahlzeit bei 2,10 Euro. Dafür lässt sich kein qualitativ gutes Essen auf den Teller bringen, wissen Experten. Jetzt haben Eltern von fünf Kreuzberger Grundschulen 1800 Unterschriften gesammelt und an Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) übergeben. Sie fordern den Senat auf, mehr für die Qualität der Mahlzeiten zu tun.
Kürzlich hatte der Bezirk für das kommende Schuljahr das Grundschulessen für 21 Schulen neu ausgeschrieben - für fünf Schulen erfolglos. Die großen Berliner Schulcaterer haben sich nicht beworben, weil sie für 2,10 Euro den Kindern »keine qualitativ gute Mahlzeit« anbieten können, sagte Rolf Hoppe, Geschäftsführer des Caterers Luna und Vorsitzender des Verbandes der Berliner und Brandenburger Schulcaterer (VBBSC) gegenüber »nd«. Inzwischen haben sich zwar Firmen gefunden, die die Grundschulen versorgen werden, aber »das sind zum Teil Unternehmen, mit denen die Eltern nicht zufrieden sind«, so Hoppe.
An der Finanzierung des Essens sind Eltern, Senat und der Bezirk beteiligt, wobei die Eltern mit 1,45 Euro den Löwenanteil übernehmen. Der Senat steuert 0,52 und der Bezirk 0,13 Euro bei. Die Eltern fordern daher auch mehr Mitspracherecht bei der Auswahl der Caterer. Das ist jedoch nicht möglich, wenn sich aufgrund der »Dumpingpreise« nur eine Firma bewirbt.
»Natürlich können wir für 2,10 Euro Essen liefern. Dann gibt es zum Beispiel Eintopf. Wir wollen den Kindern allerdings gesundes, leckeres und ausgewogenes Essen anbieten. Das können wir für den vorgegebenen Preis nicht«, erklärte Hoppe. Schließlich müsse man die Kosten für Energie, Wasser, Personal usw. abziehen. Für Lebensmittel blieben dann lediglich rund 50 Cent übrig. Das sei viel zu wenig. Qualität könne man ab einem Preis von einem Euro garantieren, so Hoppe.
Wie es tatsächlich um die Qualität der Essensversorgung an Berliner Schulen steht, möchte nun auch der Bildungssenat wissen. Er hat eine Studie in Auftrag gegeben, die bis zum Herbst 2012 Ergebnisse bringen soll. Dann werde sich der Senat erneut Gedanken um die Verpflegung machen müssen, versicherte Staatssekretär Mark Rackles.
Wie es um das Schulessen bestellt ist, wissen Berliner Eltern auch ohne Studie. Zerkocht, fettig und vitaminarm, bemängeln Elternvertreter. »Meinem Sohn gebe ich eine Stulle mit, aber das reicht ja nicht. Eine warme Mahlzeit brauchen die Kinder, wenn sie eine Ganztagsschule besuchen«, meint Tanja Yetgin von der Mensa-Ag, die Eltern an der Nürtingen-Grundschule in Kreuzberg gegründet haben. Ausgewogenes Essen fördere schließlich die Konzentration und das Wohlbefinden der Kinder. Da der Senat den Ausbau von Ganztagsschulen plane, müsse auch die Verpflegung und ihre Folgen berücksichtigt werden, so Yetgin.
Friedrichshain-Kreuzberg ist nicht der einzige Bezirk, der unter Qualitätsmangel leidet. Bisher gibt Berlin im Durchschnitt 1,90 Euro pro Mahlzeit aus. Der Bundesdurchschnitt liegt bei satten 2,92 Euro.
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