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Jeder darf jeden vorschlagen
In Dahme-Spreewald sucht die LINKE per Internet ihren Kandidaten für den Bundestag
»Wir kaufen den Piraten den Schneid ab«, freut sich Kreisgeschäftsführer Michael Wippold. Die LINKE in Dahme-Spreewald möchte ihren Wahlkreiskandidaten für die Bundestagswahl 2013 auf sehr demokratische und originelle Weise finden - im Internet. Gestern einige sich der Kreisvorstand einstimmig auf das Verfahren. Für Teltow-Fläming habe die dortige Linksparteichefin Kornelia Wehlan bereits vorher Zustimmung signalisiert, erzählt Wippold. Auch in Oberspreewald-Lausitz habe er die Idee vorgestellt. »Es haben alle genickt.«
Gesucht wird der Direktkandidat für den Bundestagswahlkreis 63, zu dem neben Dahme-Spreewald noch Teile von Teltow-Fläming und Oberspreewald-Lausitz gehören. Jeder darf jeden vorschlagen. Die Suche ist nicht auf Parteimitglieder beschränkt. Wippold kann sich vorstellen, dass auch Vereine und Sympathisanten Namen nennen. »Ich weiß gar nicht, was wir damit auslösen«, gibt der Kreisgeschäftsführer freimütig zu. Er wäre schon zufrieden, wenn zehn ernsthafte Bewerber gefunden werden.
Die Vorschläge sollen per E-Mail, Fax, Brief oder Telefon unterbreitet werden. Die Kreisgeschäftsstelle setzt sich dann mit den genannten Männern oder Frauen in Verbindung und fragt an, ob diese überhaupt bereit sind, anzutreten. Ist das der Fall, sollen die Namen und möglichst Lebensläufe und politische Vorstellungen im Internet veröffentlicht werden. Am Ende entscheidet im November eine Versammlung von Delegierten aus dem Wahlkreis. Sie nominiert den Kandidaten für den Urnengang im Herbst 2013 und achtet dabei darauf, dass der Bewerber zur Linkspartei passt.
Das neue an dem Vorgehen: Es wird nicht in einem Hinterzimmer ausgekungelt, wer den Genossen zur Nominierung vorgeschlagen wird. Gewöhnlich werden nämlich Kommissionen beauftragt, geeignete Leute zu finden. Aber so soll es diesmal nicht laufen. Dass sich der Kreisvorstand oder andere Gremien der Partei zuletzt für einen Bewerber aussprechen, ist nicht ausgeschlossen. Zunächst aber soll die Suche völlig offen bleiben.
Wippold sieht einen deutlichen Unterschied zur SPD, wo die Direktkandidatin quasi »ernannt« worden sei. Der derzeitige SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert habe erklärt, dass Tina Fischer seine Nachfolgerin werden soll. Die Juristin aus Eichwalde, geboren 1971, hatte drei Jahre lang das Berliner Büro von Dankert geleitet, war dann 2004 und 2009 in den Landtag gewählt worden, bevor sie zur Staatssekretärin ernannt und an die Spitze der brandenburgischen Landesvertretung in Berlin gestellt wurde. Danckert selbst möchte 2013 nicht erneut antreten. Er gehört dem Bundestag bereits seit 1998 an. Im Wahlkreis 63 besiegte er vor drei und vor sieben Jahren seine Konkurrenten von den Sozialisten. 2005 schlug er Michael Reimann.
2009 musste sich der junge Steffen Kühne dem alten Hasen Danckert geschlagen geben. Kühne konnte den Abstand zum SPD-Platzhirsch aber verkürzen. Er bekam 26,3 Prozent der Stimmen, Danckert 32,4 Prozent. Das Duell Reimann gegen Danckert war vier Jahre zuvor 23,2 zu 42,4 ausgegangen. Allerdings war Kühnes Ausgangslage besser, weil sich die Partei damals im Aufwind befand. Die LINKE gewann 2009 vier märkische Bundestagswahlkreise. Zuvor hatte die Partei außerhalb Berlins noch nie Direktmandate geholt, diesmal gelang es aber auch, in Sachsen-Anhalt fünf Wahlkreise zu erobern, in Thüringen zwei und in Mecklenburg-Vorpommern einen. Dazu kamen vier Wahlkreise in Berlin. Dem Vernehmen nach soll es den Sozialisten seinerzeit schwer gefallen sein, im Wahlkreis 63 einen qualifizierten Genossen für die Bundestagswahl aufzustellen. Man holte deshalb Kühne, der als politisches Talent mit Zukunft gilt.
Die Idee, einen Kandidaten im Internet zu suchen, ist nicht neu. 2011 fanden die Grünen ihren Mann für die Bürgermeisterwahl in Uebigau-Wahrenbrück via Facebook. Zwar hatte dieser dann nicht die geringste Chance gegen Amtsinhaber Andreas Claus (parteilos). Doch die Facebook-Aktion bescherte den Grünen wenigstens große Aufmerksamkeit in der Presse.
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