Ohne Vertrauen kein Gemeineigentum
Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom über Alternativen zu Markt und Staat
Die in dieser Woche an Krebs gestorbene US-Sozialwissenschaftlerin Elinor Ostrom war in den vergangenen Jahrzehnten die wohl bedeutendste Forscherin auf dem Gebiet der gemeinschaftlichen Nutzung von Ressourcen. Anhand unzähliger Beispiele aus aller Welt konnte sie die in der Wissenschaft als gesetzt geltende Behauptung widerlegen, Gemeineigentum zerstöre auf Dauer Weideland oder Fischbestand. Im Jahr 2009, als mit der Finanzkrise auch die herrschende ökonomische Lehre in die Krise geriet, erhielt Ostrom als erste Frau den Wirtschaftsnobelpreis. Bis zuletzt blieb sie Optimistin, wie dieses Interview deutlich macht, das Urs Fitze im Mai 2012 führte.
nd: Es ist besser, die Komplexität der Welt zu verstehen und einen Weg zu finden, damit umzugehen, als sie einfach zu negieren - so lautete einer der Kernsätze in Ihrer Nobelpreisrede 2009. Wie verhalten sich Politiker und Wirtschaftstreibende?
Ostrom: Der Mainstream geht sicher in Richtung viel zu starker Vereinfachung, sei es in der Politik, sei es in der Wirtschaft, und das entspricht auch weitgehend der neoklassischen Lehre. Dabei ginge es doch zuerst einfach mal darum zu akzeptieren, dass die Dinge, seien sie physischer oder psychischer Natur, einfach mal kompliziert sind. Vereinfachungen führen nur zu gern zu falschen Schlussfolgerungen.
Woran liegt das?
Schwer zu sagen. Ich kann nur als Sozialwissenschaftlerin antworten, die seit Jahrzehnten auf dem Gebiet der Gemeingüter und deren Bewirtschaftung forscht und zum Schluss kommt, dass Menschen sehr wohl in der Lage sind, auch außerordentlich komplexe Herausforderungen gemein...
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