Europa blickt nach Griechenland
Linke und Konservative nach ersten Prognosen Kopf an Kopf
Mit Spannung wurden am Sonntagabend die Ergebnisse der zweiten Parlamentswahl in Griechenland innerhalb von nur sechs Wochen erwartet. Zwischen sieben und 19 Uhr (Ortszeit) waren gestern knapp zehn Millionen Menschen aufgerufen, über die neue Zusammensetzung der 300-köpfigen Volksvertretung abzustimmen. Gleichzeitig wurde vom Wahlausgang eine Richtungsentscheidung für oder gegen die derzeitige EU-Krisenpolitik erwartet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker hatten an die Stimmberechtigten appelliert, eine Regierung zu wählen, die die Sparauflagen der internationalen Geldgeber einhalte.
Letzte Umfragen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der konservativen Nea Dimokratia (ND) und dem Linksbündnis SYRIZA um den Wahlsieg und die damit verbundenen 50 Bonussitze, die nach dem griechischen Wahlrecht an die stärkste Kraft vergeben werden, vorausgesagt. Die ND will die Sparauflagen der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds nachverhandeln, SYRIZA hat dagegen mit der Aufkündigung gedroht. Die Spitzenkandidaten Antonis Samaras (ND) und Alexis Tsipras beteuern, im Fall einer Regierungsübernahme den Verbleib Griechenlands in der EU und der Eurozone zu sichern. Das entspricht Umfragen zufolge dem Wunsch der großen Mehrheit der Griechen.
Tsipras zeigte sich nach der Stimmabgabe siegesgewiss und erklärte: »Wir haben die Angst besiegt«. Samaras sagte, mit seiner Partei werde heute eine »neue Ära« beginnen. Wer auch immer das Rennen macht, wird auf Koalitionspartner angewiesen sein. Sollte SYRIZA gewinnen, könnte sie versuchen, ein Bündnis mit der Demokratischen Linken einzugehen. Falls dies nicht reicht, wäre Tsipras auf eine Tolerierung durch die sozialdemokratische PASOK angewiesen. Deren Spitzenkandidat Evangelos Venizelos setzt allerdings auf eine Koalition mit der ND.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.