Schluss mit Nazi-Flashmobs?
Razzia gegen Fackelträger in Brandenburg
»Widerstandsbewegung in Südbrandenburg« – unter der Bezeichnung ist die Truppe relativ unbekannt. Erst wenn man von den »Unsterblichen« redet und an die Fackelzüge der »Spreelichter« erinnert, dämmert es vielen, dass sie schon Kontakt hatten mit den Rechtsextremisten. Deren Masche ist fast immer erfolgreich. Im Schutze der Nacht tauchen sie flashmobartig auf. Mit weißen Masken und Fackeln durchfluten sie die Straßen von kleineren Orten oder Stadtteilen. Nach einer halben Stunde – da ist die Polizeiverstärkung noch nicht einmal aus den Unterkünften abgerückt – ist der Spuk zumeist wieder vorbei.
Nicht nur in Brandenburg sind die Fackelträger aktiv. »Auftritte« nur wenige Kilometer jenseits der Brandenburger Grenzen in Sachsen sind ebenso normal wie Versuche, das Konzept nach Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern zu transferieren. Die gute Vernetzung der Truppen ist selbst für Verfassungsschützer nicht zu übersehen.
Mit den illegalen überfallartigen Aktionen vermeidet man jegliche Demonstrationsanmeldungen und -auflagen. Keine Antifa-Gruppe und schon gar nicht brav-bürgerliche Demokraten können so rasch zur Blockade antreten. Den Neonazis geht es nicht um Sympathiewerbung, sie zielen auf Emotionen, wollen Angst und Schrecken verbreiten. Die mediale Wirkung steuern sie über das Internet. Bilder und Videos sind ihre Waffen und die Websites trotz Razzia weiter unerreichbar für Woidkes Polizisten.
Nun will der Staat offenbar mit gleicher Münze zurückzahlen: »Zur Ermöglichung von Film- und Fotoaufnahmen im Zusammenhang mit der noch laufenden Aktion wenden Sie sich bitte ab sofort direkt an die Pressestelle des Polizeipräsidiums...«, bietet das Potsdamer Innenministerium an. Via Medien soll Handlungshoheit belegt werden. Man darf den Erfolg bezweifeln. So wie den der ganzen Aktion, denn ein Vereinsverbot in Brandenburg kommt nicht unerwartet für die Neonazis.
Bereits zu Jahresbeginn war die Polizei unangemeldet bei den Neonazi-Kameraden aufgetaucht. Damals durchsuchten Beamte 44 Wohnungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg. Man fand Masken, Fackeln, Schlagringe, Pyrotechnik, Propagandamaterial und schaute in die Computer von 41 Beschuldigten.
Nichts ist den Rechtsextremen zu schade, um es für ihre dumpfe Ideologie zu missbrauchen. So huldigen die Nazis sogar Wolfgang Amadeus Mozart. Und das nur, weil der Musiker und Komponist – 1756 in Salzburg geboren – Sprüche wie jenen hinterließ: »Was mich aber am meisten aufrichtet und guten Mutes erhält, ist, dass ich ein ehrlicher Deutscher bin.«
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