Schwarzes Schaf Diakonie
Protestaktion gegen schlechte Arbeitsbedingungen in der Wohlfahrtspflege
»Schwarzes Schaf für die Diakonie-Arbeitgeber!« Unter diesem Motto versammelten sich gestern rund 20 Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sowie Mitglieder der diakonischen Mitarbeitervertretungen vor dem Sitz der Geschäftsstelle des Verbands der diakonischen Dienstgeber Deutschlands (VdDD) (siehe Kasten) in Lichterfelde. Mit der symbolischen Überreichung eines hölzernen schwarzen Schafes sollte gegen schlechte Arbeitsbedingungen bei den Mitgliedsunternehmen der Diakonie protestiert werden.
Der Vorstandsvorsitzende des VdDD, Thomas Oelkers, hatte aber bereits in einer schriftlichen Stellungnahme im Vorfeld angekündigt, diesen »merkwürdigen Gegenstand« nicht in Empfang nehmen zu wollen.
»Der VdDD ist ein schwarzes Schaf unter den Arbeitgeberverbänden. Er versteht sich zwar als Arbeitgeberverband der Diakonien, erkennt aber Gewerkschaften nicht als Verhandlungspartner an«, so ver.di-Gewerkschaftssekretär Berno Schuckart-Witsch gegenüber »nd«.
Das Bild des schwarzen Schafes ist keine originäre Eigenerfindung von ver.di, sondern wurde ursprünglich von der Magdeburger Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) geprägt. Das Kirchenparlament beklagt genau wie die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di seit längerer Zeit die niedrige Bezahlung bei diakonischen Dienstgebern, die oftmals weit unter den üblichen Niveaus der Branche liegen. Schwarze Schafe unter den Trägern der Diakonie müssten jedoch als solche benannt werden.
Schuckart-Witsch findet es zwar gut, dass die untertariflichen Löhne von der evangelischen Kirche als Problem erkannt werden, doch habe sich bisher nichts bewegt. Auch sei die Bezahlung gar nicht der einzige Streitpunkt. »Der VdDD streitet Arbeitnehmern das im Grundgesetz verbriefte Streikrecht ab und hält von betrieblicher Mitbestimmung rein gar nichts«, kritisiert er.
Der VdDD beruft sich diesbezüglich auf das Selbstverwaltungs-und -ordnungsrecht von kirchlichen Institutionen. Anders als in der freien Wirtschaft ginge es in der diakonischen Tätigkeit nicht um den Interessenausgleich zwischen den Gegenpolen Kapital und Arbeit. Vielmehr sei die Diakonie eine Gemeinschaft aus Dienstgebern und Dienstnehmern, in der im System der »arbeitsrechtlichen Kommissionen« eine für alle Seiten akzeptable Lösung gefunden würde, so der VdDD auf seiner Internetseite.
Vorstandsvorsitzender Thomas Oelkers wirft ver.di in seiner Stellungnahme hingegen vor, eine konstruktive Mitarbeit zu verweigern, da sich die Gewerkschaft nicht an der »Gestaltung der Arbeitsbedingungen in der Diakonie« beteilige.
Ein ver.di-Mitglied vom Landesbezirk Hessen weist diese Kritik zurück und fordert eine generelle Änderung des sozialpolitischen Ansatzes beim Verband der diakonischen Dienstgeber Deutschlands. Es könne nicht sein, dass der Verband das Streikrecht nicht anerkenne und sich zudem weigere, einen bindenden Tarifvertrag zu akzeptieren. »Das kirchliche Sonderrecht, der sogenannte Dritte Weg, ist ein Irrweg«, meint Gewerkschaftssekretär Schuckart-Witsch.
Die in der Bundesrepublik geltenden Rechte müssten auch vom VdDD vollends akzeptiert und umgesetzt werden. Solange das nicht der Fall sei, werde ver.di zusammen mit diakonischen Mitarbeitern Aktionen durchführen. Das Recht auf würdevolle Arbeit sei schließlich nicht verhandelbar.
Verband der diakonischen Dienstgeber
● Der 1996 gegründete Verband der diakonischen Dienstgeber Deutschlands (kurz VdDD) ist der Zusammenschluss von Trägern und regionalen Dienstgeberverbänden der evangelischen Wohlfahrtspflege auf Bundesebene.
● Eigenen Angaben zufolge ist er für 150 Träger und regionale Dienstgeberverbände mit rund 350 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verantwortlich.
● Obwohl das Diakonische Werk in seinen Satzungen keine Etablierung eines Arbeitgeberverbandes vorsieht, übt der VdDD als Mitglied der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BdA) bedeutenden Einfluss auf die sozialpolitische Ausrichtung der Diakonie aus.
● Der VdDD tritt vehement für das kirchliche Sonderarbeitsrecht ein, nachdem diakonische Dienstgeber nicht an die in der Privatwirtschaft geltenden Tarifverträge gebunden sind. Stattdessen sollen »arbeitsrechtliche Kommissionen« Arbeitsbedingungen und Bezahlung der Diakoniedienstnehmer regeln. Jérôme Lombard
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