Eiscreme in der heißen Phase
Probleme am Großflughafen Schönefeld sorgen für längere Wartezeiten in Tegel
Die Fluggesellschaft »Air Berlin« spendiert ihren Passagieren Eiscreme. Damit sollen die Reisenden getröstet werden, wenn sie jetzt zum Ferienbeginn auf dem Airport Berlin-Tegel länger warten müssen. Die Geduldsprobe hat damit zu tun, dass der neuen Hauptstadtflughafen »Willy Brandt« in Schönefeld nicht wie geplant am 3. Juni eröffnet werden konnte. In Schönefeld wäre mehr Platz gewesen. Darauf hatten sich die Fluggesellschaften schon eingestellt und 170 Flugziele in 50 Ländern angeboten. Neu hinzugekommen sind im Juni neun Verbindungen, darunter Flüge nach Bilbao, Birmingham, Kaliningrad und Marseille.
Nun drängelt sich alles in Tegel und im alten Schönefelder Flughafen - allein in Tegel starten und landen bereits seit dem 3. Juni täglich bis zu 20 Flugzeuge mehr als früher, und mit Beginn der Ferien in Berlin und Brandenburg steigt diese Zahl weiter. Von gestern bis Sonntag sollen in Tegel 230 000 Passagiere abfliegen und ankommen. Die Flughafengesellschaft weist vorsorglich darauf hin, dass Parkplätze nur begrenzt zur Verfügung stehen, und bittet um Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
»Air Berlin« hat extra zusätzliches Personal eingesetzt und Mitarbeiter geschult, um der Lage Herr zu werden. Am 17. März 2013, wenn der neue Großflughafen endlich in Betrieb geht, soll der Stress aufhören. Aber es ist nicht einmal hundertprozentig sicher, ob dieser doch noch weit entfernte Termin überhaupt gehalten werden kann. Der Landkreis Dahme-Spreewald hegt weiter Bedenken wegen des Brandschutzes im Terminal.
»Ich erwarte, dass Aufsichtsrat und Geschäftsführung der Flughafengesellschaft sich klar äußern, wie der Eröffnungstermin zu halten ist«, sagte Harald Wolf, Verkehrsexperte der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.
Ganz sicher befasst sich der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft auf seiner Sitzung heute mit der Terminfrage. Auch über die Nachfolge des abgesägten Geschäftsführers Manfred Körtgen und über die Kosten der verzögerten Inbetriebnahme wird bestimmt gesprochen.
Er wünsche Vorschläge des Aufsichtsrats »zur Deckung der Kostensteigerungen und deutliche Worte zum Lärmschutz«, meinte Axel Vogel, Grünen-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag. Zudem müssten Entschädigungszahlungen für die Einzelhändler festgelegt werden, denen durch die verschobene Airportöffnung Einnahmen entgehen. Von der Flughafengesellschaft verlangte Vogel, alle Karten auf den Tisch zu legen. Das finanzielle Risiko müsse genau beziffert werden, »selbst wenn die drohenden Kosten um hunderte Millionen Euro über der bisher zur Diskussion stehenden Summe liegen«. Vogel betonte: »Lieber höre ich jetzt die volle Wahrheit, als dass eine unendliche Kette weiterer Kostensteigerungen nach und nach jegliches Vertrauen in die Politiker zerstört.«
Über der Aufsichtsratssitzung schweben Fragezeichen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Senatoren, Minister und Staatssekretäre in dem Gremium selbst noch keine genaue Vorstellung haben, was dort heute auf sie zukommt. Zu den bisherigen Ereignissen würde diese Version passen.
Derweil naht Hilfe für Gastronomen und Händler. Die jeweiligen Unternehmervereinigungen, der Hotel- und Gaststättenverband sowie der Handelsverband, wollen verfrüht eingestelltes Personal an andere Betreibe vermitteln.
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