Locken im Kopf

Peter Sloterdijk 65

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: 2 Min.

Lange blonde Haare, die auf dem Weg in den Nacken sehr geradlinige, ja: strähnige Wege gehen. Im Gegensatz zu den Sprachbildern, die er unter der Kopfhaut türmt.
Peter Sloterdijk, 1947 in Karlsruhe geboren, dort Professor, brennt und knäult die Locken seines sehr beweglichen Geistes; er tut es mit der Lust eines Mannes, der überall nur Glatzen sieht. Auf denen er sich tummelt, in der Hoffnung, es sei Glatteis.

Erzähler, kein Moralist

Er ist kein Moralist, er ist spielerisch, philosophischer Erzähler, erzählender Philosoph. Seine »Kritik der zynischen Vernunft« (1983) wurde zum meistverkauften Philosophiebuch des 20. Jahrhunderts. »Sphären«, »Du musst dein Leben ändern«: sprachschäumende Bücher eines Gourmets – des unverzollten Denkens. Er genießt Fettnäpfe, hat die Tür der Frankfurter Schule zugeknallt, schuf mit »Zorn und Zeit« ein flammendes Porträt der Empörung, der politischen Macht des Furors, dem stärksten wie zerstörerischsten Motor der Geschichte.
In den »Regeln für den Menschenpark« fragte er nach den seelischen Umsiedlungen und der »genetischen Reform der Gattungseigenschaften« im langfristigen Zivilisationsprozess. Skandal!, schrie der korrekte blasse Moralismus, sperrte den Philosophen zum Pop und hatte am Ende nur sich selber zum Schweigen gebracht.
Gehässige nennen ihn den »Felix Krull der intellektuellen Szene«. Aber es bleibt dabei: Wo andere argumentieren, hat Peter Sloterdijk – Gedanken.

"Lange bevor Menschen durch Arbeit sozialisiert werden, passiert etwas Entscheidenderes. Das erste Produkt des Menschen ist etwas Unstoffliches: die Atmosphäre zwischen uns. Jeder hat ein Interieur, das ausstrahlt. In uns ist etwas, das auch um uns ist. Die Klima-Politik ist unser Schicksal."

*

"Es wird nicht mehr am Meisterplan des homogenen Geschichtsmodells gearbeitet. Eine beruhigende Tatsache."

"Es ist ein Fehler, wenn Menschen sich leichter geben, als Menschen sein können. Aber ein Fehler wäre es auch, die Tragödie vom Zaun zu brechen, nur damit wir uns wieder mit dem ontologischen Adel des Schweren schmücken dürfen. Mir kommt das einfachste Leben schwer genug vor."

*

"Die linke Revolution macht man nicht im Namen der Gier, sondern des Stolzes und seiner beiden moralischen Derivate, des Zorns und der Empörung. Sobald die Linke Gierpartei wird, implodiert sie und wird Teil der totalen Mitte."

(Zitate Sloterdijks aus Büchern und einem nd-Interview)

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.