Stars und Schmankerl
Das Berlin International Music Festival lockt mit Bewährtem
Der Albtraum eines jeden Konzertveranstalters: Kurz vor dem Auftakt sagt der Solist ab. Das passierte am Samstag bei jener sommerlichen Konzertreihe, die auf den pompösen Namen »Berlin International Music Festival« hört. Doch mit dem Krisenmanagement tat sich das BIMF, das bis Ende August im Konzerthaus und in der Französischen Friedrichstadtkirche läuft, schwer. Am Abend sollte der russische Geiger Vadim Repin zusammen mit den Trondheim Soloists auftreten. Halb vier kam der Anruf der Pressesprecherin, der Geiger sei erkrankt.
Man sollte meinen, die Trondheim Soloists - ein hochkarätiges Orchester - seien in der Lage, das Programm spontan zu ändern und den Abend ohne Sologeiger zu bestreiten. »Die Besucher möchten aber gern Vadim Repin hören«, meint jedoch die Festivalleiterin Mi Young Kim. »Das Konzert wird sobald wie möglich nachgeholt.«
Das ist wohl ein weiteres Zeichen für den Star-Rummel, der sich immer stärker in der klassischen Musik breitmacht. Hochkarätige Künstler, die von Festival zu Festival reisen, geben sich auch beim BIMF die Klinke in die Hand. Doch die Klassik-Stars fordern entsprechende Gagen. Kein Wunder, dass die Karten am Samstag zwischen 30 und 90 Euro kosten sollten. Das Festival hat mehrere Sponsoren; außerdem steuert Mi Young Kim Privatvermögen bei.
Die Konzertprogramme kreisen um bewährte Musikschmankerl: immer wieder Mozart, mal eine Prise Bach oder Brahms, hier eine »Romantische Sommernacht«, da ein »Klassisches Sommer Highlight«. Raritäten und sperrig Neutönendes werden ausgesperrt.
Schön ist es jedoch, dass die Kammermusik eine wichtige Rolle spielt, der ja im Konzertleben immer mehr die Felle davon schwimmen. Am 25. Juli spielt das französische Van Baerle Trio, das den Kammermusikwettbewerb Lyon gewann. »Das Lied«-Wettbewerbssieger Benjamin Appl singt am 27. Juli Schuberts »Schöne Müllerin«. Am 15. August tritt das britische Heath Quartett mit Mozart und Brahms auf. Interessant dürfte auch der »Rising Star«-Schwerpunkt mit jungen Wettbewerbspreisträgern sein. Unter anderem wird gleich eine ganze Riege aufstrebender Tastenlöwen aufgefahren; darunter am 25. August Alexej Gorlatch, Sieger des ARD-Wettbewerbs in München.
An Nachwuchsmusiker wenden sich einige Meisterkurse, die zusammen mit der Musikhochschule »Hanns Eisler« durchgeführt werden. Dozenten sind der Cellist Mischa Maisky und die Klarinettistin Sharon Kam, die auch in eigenen Konzerten auftreten. »Wir haben ungefähr 50 aktive Teilnehmer«, erzählt die Festivalleiterin Kim. »Passiven Teilnehmern bieten wir den kostenfreien Besuch an«.
Mi Young Kim liegen die Meisterkurse besonders am Herzen; schließlich ist die Koreanerin hauptberuflich im Bildungsmanagement aktiv. Als die Kunstfreundin, die selbst gern auf Geige und Klavier musiziert, vor ein paar Jahren nach Berlin zog, wunderte sie sich über das kulturelle Sommerloch in der Stadt. Um dem abzuhelfen, gründete sie vor fünf Jahren das BIMF. Als künstlerischen Berater holte sie sich Michail Sekler, den Konzertmeister des Konzerthausorchesters, an die Seite. Inwiefern er berät, bleibt unklar. Eine dramaturgische Handschrift ist in dem kunterbunten Programm nicht erkennbar.
Beim Abschlusskonzert am 28. August sitzt Michail Sekler an der Spitze des BIMF-Festivalorchesters, das aus Mitgliedern verschiedener Berliner Klangkörper besteht. Auf dem Programm steht - ein originelles Repertoire ist das nicht - ausschließlich Mozart.
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